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Die Arbeit Der historische Sokrates Quellenlage und Lehre von Agnes Thiel setzt sich das Ziel einer historischen Rekonstruktion des Sokrates und seiner philosophischen Lehren. Sokrates ist zwar der Gründungsvater der abendländischen Philosophie, aber es gibt von ihm kein einziges geschriebenes Wort. Er lehrte am Übergang von einer oralen hin und zu einer Schriftkultur. Seine nur mit Platon vergleichbare Wirkungsgeschichte beruht auf der Einheit von Theorie und Praxis. Für seine Lehren leerte er den Schierlingsbecher.
Die Arbeit erhebt den Anspruch, etwas Neues herausgearbeitet zu haben. Sie wirft zunächst ein Licht auf die vier Hauptquellen (Aristophanes, Xenophon, Platon, Aristoteles), um in einem zweiten Schritt die Lehren von Sokrates zu rekonstruieren. Dieser Teil zeigt ihn als Ethiker. Zuletzt wird erstmalig in der Forschung der Versuch unternommen, Sokrates innovative Lehre einer Aretologie als Bindeglied zwischen den Spielarten der vorsokratischen Archetologie, Platons Agatologie und der aristotelischen Metaphysik darzustellen. Dadurch erscheint der berühmte Ausspruch von Cicero, Sokrates habe die Philosophie vom Himmel auf die Erde geholt, in einem völlig neuen Licht.
Autorentext
Agnes Thiel studierte zunächst Philosophie, Ethnologie und Religionswissenschaft an der Universität Bayreuth. Der Wechsel nach Heidelberg brachte sie zum Studium des Dolmetschens in den Sprachen Russisch und Spanisch. 2013 absolvierte sie ihr 1. Staatsexamen in Philosophie und Spanisch. Im Jahre 2014 geht sie das Staatsexamen im Nebenfach Latein an.
Klappentext
Die Arbeit Der historische Sokrates Quellenlage und Lehre von Agnes Thiel setzt sich das Ziel einer historischen Rekonstruktion des Sokrates und seiner philosophischen Lehren. Sokrates ist zwar der Gründungsvater der abendländischen Philosophie, aber es gibt von ihm kein einziges geschriebenes Wort. Er lehrte am Übergang von einer oralen hin und zu einer Schriftkultur. Seine nur mit Platon vergleichbare Wirkungsgeschichte beruht auf der Einheit von Theorie und Praxis. Für seine Lehren leerte er den Schierlingsbecher. Die Arbeit erhebt den Anspruch, etwas Neues herausgearbeitet zu haben. Sie wirft zunächst ein Licht auf die vier Hauptquellen (Aristophanes, Xenophon, Platon, Aristoteles), um in einem zweiten Schritt die Lehren von Sokrates zu rekonstruieren. Dieser Teil zeigt ihn als Ethiker. Zuletzt wird erstmalig in der Forschung der Versuch unternommen, Sokrates innovative Lehre einer Aretologie als Bindeglied zwischen den Spielarten der vorsokratischen Archetologie, Platons Agatologie und der aristotelischen Metaphysik darzustellen. Dadurch erscheint der berühmte Ausspruch von Cicero, Sokrates habe die Philosophie vom Himmel auf die Erde geholt, in einem völlig neuen Licht.
Leseprobe
Textprobe:
Kapitel II, TEIL: DIE EINHEIT VON THEORIE UND PRAXIS:
1.1, Sokrates und seine Abgrenzung von der Sophistik:
Grundsätzlich lassen sich viele Gemeinsamkeiten, aber eben auch Unterschiede zwischen Sokrates und den Sophisten konstatieren. Sokrates verkündete wohl keine feststehende Lehre, sondern Kennzeichen seines Philosophierens war das Dialogisieren, das Im-Gespräch-sein. Dafür verlangte er kein Geld. Er versuchte brennende Lebensfragen zu klären, wie z. B., was ist fromm/unfromm, schön/hässlich, gerecht/ungerecht, was ist Besonnenheit, Raserei, Tapferkeit, Feigheit, Staat, Staatsmann, Herrschaft über Menschen und ein Herrscher über Menschen. Er stellte dabei die Werte, politische Abläufe etc. in Frage und erregte vermutlich bei einigen seiner Mitmenschen Anstoß. Platon und Xenophon zeigen immer wieder, wie das Denken von Sokrates von dem der Vorsokratiker und dem der Sophisten abgegrenzt werden muss und wie menschenzentriert Sokrates in den Gesprächen agierte. Folgende Punkte lassen sich darüber hinaus aus den vorgestellten Quellen herauslesen:
1, Sokrates Stellung zum Mythos:
Er stellt nicht die Existenz der Götter in Frage, aber die traditionellen Mythen haben seiner Meinung ihre Gültigkeit verloren, weil sich daraus keine verbindlichen, individuellen Maßstäbe ableiten lassen. Der Kult ist nur rein äußeres Ritual. Sokrates kennt aber keine dezidierte Mythenkritik wie die Sophisten. Ganz im Gegenteil: Die Auskunft von Delphi nimmt er als wörtlichen Auftrag. Bei seiner Suche folgt er einem Daimonion, das aber nicht als Gottheit gelten, sondern als eine göttliche Stimme interpretiert werden kann.
2, Sokrates Wende zum Menschen:
Er sucht nicht nach Naturprinzipien, sondern nach den Prinzipien des richtigen Handelns. Nicht Felder und Bäume oder deren Prinzipien können ihn belehren, sondern nur Menschen. Er fragt sie nach ihren Überzeugungen. Leitend ist dabei der Spruch Erkenne dich selbst , denn nur Selbsterkenntnis hat das Potential, weitere Erkenntnisse zu generieren.
3, Sokrates Kritik am Ethos der Polis:
Auch die traditionellen Werte gelten ihm nicht mehr als selbstverständlich. Überzeugungen sind daher zunächst auf ihre Wahrheit und auf ihre überzeugenden Begründungen hin zu überprüfen. Aber anders als die Sophisten kritisiert er nicht grundsätzlich Sitte und Recht als bloße Gewohnheiten, sondern er plädiert für einen Respekt gegenüber den Gesetzen, was z.B. die Hinnahme seines an sich ungerechten Todesurteils beweist.
4, Sokrates politisch-pädagogisches Interesse:
Die Ankläger des Sokrates missverstanden seine Kritik an der ungeprüften Übernahme traditioneller Werte im Sinne einer Verführung der Jugend und glaubten dies richte sich gegen das Allgemeinwohl der Polis. Sokrates bemühte sich um die Jugend, weil diese mit ihren Überzeugungen noch nicht abgeschlossen hatte. Von Verführung kann hier also nicht die Rede sein. Die Gespräche drehten sich darum, wie jemand sein Leben gestalten solle. Dies führt oft zur existentiellen Erschütterung der Gesprächspartner. Sokrates möchte aber nicht anders als die Sophisten seine Schüler auf eine politische Laufbahn vorbereiten, sondern er hielt sich fern von tagespolitischen Fragen. Er wollte, dass der Einzelne sein Leben ändere, und zwar in Richtung auf ein tugendhaftes Leben!
5, Sokrates Prüfung des Logos:
Im Kritias sagt Sokrates, er sei sein ganzes Leben lang dem Logos gefolgt, der sich in der jeweiligen Untersuchung als der beste erwiesen habe. Sokrates sucht immer die Wahrheiten jenseits der bloßen Meinungen. Er fragt, was Frömmigkeit, Tapferkeit, Tugend oder Gerechtigkeit ist. Er prüft unentwegt die vorgebrachten Meinungen. Dabei verengt er also den von Heraklit in die Philosophie gebrachten Begriff Logos im Sinne einer Weltvernunft auf eine Analyse ethischer Begriff, aber mit Handlungskonsequenzen für den Dialogpartner.
6, Sokrates Methode des Dialogs:
Dialog heißt die gemeinsame Erwägung von Gr