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Viele haben versucht, Karl den Großen für sich zu vereinnahmen. War der erste Kaiser des Abendlandes nun Deutscher, Franzose oder gar der Vater Europas? Und was weiß man jenseits aller Legenden tatsächlich von ihm? Nicht nur die Menschen seiner Zeit, sondern auch die Nachwelt ist bis heute von dem Frankenherrscher fasziniert: ein überaus erfolgreicher und brutaler Kriegsherr, der in einem jahrzehntelangen Kampf die heidnischen Sachsen missionierte, die germanischen Stämme vereinte und ein Großreich errichtete. Ein Bildungshungriger, der zwar selbst kaum schreiben konnte, aber doch die Verbreitung der Schrift förderte, die wir noch heute schreiben. Ein Herrscher, der sich in seiner Aachener Pfalz entspannt den Badefreuden hingab und der an seinem Hof die bedeutendsten Dichter und Denker Europas versammelte. Stefan Weinfurter, der bekannte Heidelberger Mittelalterforscher, zeigt die vielen Gesichter Karls des Großen und bringt uns einen der charismatischsten Herrscher des Mittelalters nahe.
Stefan Weinfurter, geboren 1945 in Prachatitz und aufgewachsen in München, lehrte bis 2013 als Ordinarius an der Universität Heidelberg und ist seither dort Direktor der Forschungsstelle für Geschichte und Kulturelles Erbe sowie Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Zu seinen Veröffentlichungen zählen u. a. 'Das Reich im Mittelalter' und 'Canossa. Entzauberung der Welt'. für Geschichte und Kulturelles Erbe sowie Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Unter anderem leitet er im Heidelberger Sonderforschungsbereich 933 ein Projekt zum Wissenstransfer in der Epoche Karls des Großen. Zu seinen erfolgreichen Veröffentlichungen zählen u. a. 'Das Reich im Mittelalter' und 'Canossa. Entzauberung der Welt'.
Vorwort
Zum Karlsjahr 2014: die Biografie des großen Kaisers.
Autorentext
Stefan Weinfurter, geboren 1945 in Prachatitz und aufgewachsen in München, lehrte bis 2013 als Ordinarius an der Universität Heidelberg und ist seither dort Direktor der Forschungsstelle für Geschichte und Kulturelles Erbe sowie Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Zu seinen Veröffentlichungen zählen u. a. "Das Reich im Mittelalter" und "Canossa. Entzauberung der Welt". für Geschichte und Kulturelles Erbe sowie Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Unter anderem leitet er im Heidelberger Sonderforschungsbereich 933 ein Projekt zum Wissenstransfer in der Epoche Karls des Großen. Zu seinen erfolgreichen Veröffentlichungen zählen u. a. "Das Reich im Mittelalter" und "Canossa. Entzauberung der Welt".
Leseprobe
KAPITEL 2
Die Vita Karls des Großen und andere Quellen
Welche Nachrichten gibt es, die uns über Karl den Großen und seine Zeit berichten? Über welches Arbeitsmaterial verfügen wir? Im Mittelpunkt steht eine ganz einzigartige Quelle, nämlich seine Lebensbeschreibung, die Vita Karoli Magni . Geschrieben hat sie der Gelehrte Einhart. Dieser gilt bis heute als »der berühmteste Biograph des 9. Jahrhunderts«.1 Um 770 wurde er vielleicht in Seligenstadt am Main geboren. Er entstammte einer ostfränkischen Adelsfamilie aus dem »Maingau« (Moingeuui), einem Gebiet, das sich von Hanau über Aschaffenburg und Dieburg bis in den Odenwald erstreckte. Wegen seiner Abstammung nannte sich Einhart einen »Barbaren« (homo barbarus), weil er als »Nichtromane« in der »römischen Sprache« (Romana locutio) wenig geübt sei. Aber ganz so schlecht, so fügte er hinzu, sei sein Latein auch wieder nicht gewesen.2 Dennoch: So wie in der Antike galt demnach im Gelehrtenkreis dieser Zeit derjenige, der nicht Romane war, als Barbar und das trifft auch auf den Franken Karl den Großen zu.
Die Ostfranken, die rechts des Rheins lebten, zählte Einhart zu den Germanen.3 Das ist ein nicht unwichtiger Hinweis, denn in der jüngeren Forschung glaubte man lange Zeit, das Wort Germanen als Bezeichnung für die Völker im fränkischen Reich ganz vermeiden zu müssen. Das Bewusstsein einer solchen Gruppenzugehörigkeit habe es gar nicht gegeben, vielmehr handle es sich um eine Fremdbezeichnung durch die Römer. Der Begriff Germanen galt außerdem durch den Missbrauch im Nationalsozialismus als belastet. Erst vor wenigen Jahren hat der Wiener Historiker und Frühmittelalterforscher Herwig Wolfram eine Ehrenrettung für die Sammelbezeichnung »Germanen« formuliert: Es gebe eben keinen ordentlichen Ersatz dafür.4 In der Zeit um 800 hatte man damit offensichtlich keine Probleme.
Seine Ausbildung erhielt Einhart seit dem Ende der 770er-Jahre im Kloster Fulda, wo er an christlichen Texten der Kirchenväter, aber auch antiken Autoren, Grammatikern und Rhetorikern geschult wurde (unter anderen Origenes, Gregor der Große, Augustinus). Auch Griechischkenntnisse hat er sich dort erworben. Fulda besaß damals zwar noch keine große Bibliothek, aber immerhin die Handbibliothek des großen angelsächsischen Missionars Bonifatius (gest. 754), der sich in dem vom ihm gegründeten Kloster Fulda hatte begraben lassen. Einharts in der Klosterschule erworbene Fertigkeiten im Schreiben waren so gut, dass man ihm schon 780 oder kurz danach die Ausfertigung von Urkunden anvertraute. Auch die Schenkung seiner Eltern, Einhart und Engelfrida, an das Kloster Fulda, hat er selbst geschrieben.5
Aber Einhart trat nicht als Mönch in das Kloster ein. Er wurde auch nicht Kleriker, sondern blieb zeitlebens Laie und war mit Imma (gest. 836) aus einer hochgestellten Familie verheiratet. Einen niederen kirchlichen Weihegrad kann man bei ihm nicht ausschließen, aber auch das würde an der Tatsache, dass er ein Leben als Laie führte, im Grunde nichts ändern. Das ist eine bemerkenswerte Beobachtung, denn Quellentexte und Nachrichten, die von Laien stammen, sind für diese Zeit eher selten. Sein Laienstatus hinderte ihn im Übrigen nicht daran, als »Laienabt« die Leitung von sieben Klöstern in den verschiedensten Teilen des karolingischen Reiches zu übernehmen. Am Ende gründete er in Seligenstadt noch ein eigenes
Inhalt
Vorwort
Kapitel 1: Fern oder nah? Unser Verhältnis zur Epoche Karls des Großen
Kapitel 2: Die Vita Karls des Großen und andere Quellen
Kapitel 3: Heiliger Karl - Heiliges Reich
Kapitel 4: Karls Kindheit und Persönlichkeit und die Wurzeln seiner Herrschaft
Kapitel 5: Das Ende der konkurrierenden Mitregenten
Kapitel 6: Kriege für den Glauben und die Sache der "Guten"
Kapitel 7: Herrschaft durch Befehl, Kontrolle und Repräsentation
Kapitel 8: Frauen, Töchter, Söhne und das Problem der Nachfolge
Kapitel 9: Gelehrte, Wissen und die Eindeutigkeit des Glaubens
Kapitel 10: Die Wahrheiten der Kirche und die Deutungshoheit Karls
Kapitel 11: Karl der Kaiser und der Orient
Kapitel 12: Der alte Karl und die Wahrheit des Herzens
Schlussbemerkung
Anhang
Anmerkungen
Genealogische Tafel
Quellen und Literatur
Bildnachweis
Personenregister