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Seit seiner Gründung durch Ignatius von Loyola 1540 wirkte der heute größte katholische Männerorden in fast alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens hinein: Zwischen Armenseelsorge und elitärer Wissenschaft, politischer Beratung und weltweiter missionarischer Tätigkeit - kaum ein Gebiet, in dem die Jesuiten nicht tätig waren. Der renommierte Historiker Markus Friedrich liefert eine neue Gesamtdarstellung der Jesuiten, die wissenschaftlich fundiert und aus konfessionsneutraler Perspektive geschrieben ist. Anschaulich erklärt er, wie der Orden organisiert war, was ihn so erfolgreich machte, wie das Alltagsleben im Orden aussah, welche Aufgaben er in der säkularen Welt einnahm und wie er damit den Gang der Geschichte prägte. - Ein unverzichtbarer Beitrag, um die europäische Moderne zu verstehen.
Geboren 1974 ins Ansbach, studierte Markus Friedrich in München Neuere Geschichte, Mittelalterliche Geschichte und Philosophie. Er habilitierte sich mit dem Thema 'Der lange Arm Roms? Globale Verwaltung und Kommunikation im Jesuitenorden (1540-1773)' und ist seit 2013 Inhaber der Professur für Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Hamburg. Unter der Federführung von Markus Friedrich findet vom 20. bis 23. September 2016 an der Universität Hamburg der 51. Deutsche Historikertag statt. Er steht unter dem Motto 'Glaubensfragen'.
Autorentext
Geboren 1974 ins Ansbach, studierte Markus Friedrich in München Neuere Geschichte, Mittelalterliche Geschichte und Philosophie. Er habilitierte sich mit dem Thema "Der lange Arm Roms? Globale Verwaltung und Kommunikation im Jesuitenorden (1540-1773)" und ist seit 2013 Inhaber der Professur für Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Hamburg. Unter der Federführung von Markus Friedrich findet vom 20. bis 23. September 2016 an der Universität Hamburg der 51. Deutsche Historikertag statt. Er steht unter dem Motto "Glaubensfragen".
Leseprobe
Prolog: Ignatius von Loyola gründet einen Orden
Um den 20. Mai 1521 erreichten Truppen des französischen Königs Franz I. unter dem Heerführer André des Foix Pamplona im nordspanischen Königreich Navarra. Als die Soldaten in die Stadt eindrangen, hatten sie zunächst leichtes Spiel. Teile der Garnison hatten ihren Posten verlassen und waren angesichts der französischen Übermacht geflohen. Nur die Burg von Pamplona bereitete den Franzosen größere Schwierigkeiten. Ein paar verwegene Verteidiger glaubten es mit den Gegnern aufnehmen zu können. Nach hartem Kampf und wirksamem Artilleriebeschuss brach der Widerstand in der Burg jedoch zusammen. Pamplona wurde französisch, wenngleich nicht für lange. Das Kriegsglück wandte sich bald gegen Franz I., und so stellten die Ereignisse vom Frühsommer 1521 letztlich nur eine wenig bedeutende Episode im langen politischen und militärischen Ringen zwischen den beiden Großmächten Frankreich und Spanien dar, das die europäische Politik seit 1494 für die nächsten zwei Jahrhunderte prägte.1
Dennoch hatte das französische Bombardement der Burg von Pamplona epochale Konsequenzen. So sahen das jedenfalls die Jesuiten, deren Geschichte dieses Buch erzählt. Denn die Entstehung dieses katholischen Ordens, der Gesellschaft Jesu oder Societas Iesu, ist aufs Engste mit den Ereignissen von 1521 verknüpft. Einer der tapferen oder gar tollkühnen Verteidiger in der Burg von Pamplona war ein baskischer Adeliger von etwa dreißig Jahren, Iñigo López de Oñaz y Loyola. Er war es angeblich überhaupt erst gewesen, der zu dem verzweifelten Widerstand angestiftet hatte, war er doch zum Hauptmann der Burg gegangen und hatte bei ihm gegen die Feigheit der abziehenden spanischen Soldaten protestiert. Die durchaus verständliche Flucht der numerisch stark unterlegenen Spanier passte nicht zu seinen ausgeprägten Vorstellungen von Ehre, Tapferkeit und Tugend. Er war willens, Leib und Leben im Kampf gegen die Franzosen aufs Spiel zu setzen. Sein Eifer steckte einige der verbleibenden Soldaten an. Iñigo selbst leitete den Widerstand, doch dann wurde der Baske an beiden Beinen von einer Kanonenkugel schwer verletzt. Als er ausfiel, erlosch auch der Kampfesgeist seiner Männer. Pamplona fiel mit Iñigo.
Doch Iñigo überlebte die schwere Verwundung. Seine französischen Gegner erkannten seine Tapferkeit an und sorgten für ihn. Einige Tage nach dem Gefecht konnte er auf einer Bahre in die Heimat, auf das Schloss seiner Familie in Loyola, getragen werden. Es folgten mehrere grausame Operationen am zerschossenen Bein, die einesteils aus medizinischen Gründen notwendig waren, andernteils von Iñigo selbst aus kosmetischen Gründen angeordnet wurden, um ein entstellendes Überbein zu entfernen, das sich bei der Heilung gebildet hatte. Zeit seines Lebens blieb ein Hinken von diesen Eingriffen zurück. Schon äußerlich veränderte die Niederlage in Pamplona also den baskischen Adeligen. Außerdem waren die Geschehnisse auch Ursache oder zumindest doch Anlass für einen tief greifenden innerlichen Wandel Iñigos. Die lange Zeit des Krankenlagers und der Genesung war Auslöser für eine kritische Bestandsaufnahme seines bisherigen Lebens.
Von seiner Geburt (vermutlich 1491) bis zum Jahr 1521 hatte Iñigo ein Leben geführt, das in vielem der typischen Lebensweise des spanischen Adels am Ende des Mittelalters entsprach. Er stammte aus Guizpoca, einer baskischen Region im damaligen Königreich Navarra direkt südlich der Pyrenäen. Die Loyolas waren eine in der Region sehr angesehene und gut vernetzte Familie, die sich über Jahrhunderte bis 1180 zurückverfolgen ließ. Im Lauf dieser langen Zeit hatten die Loyolas nicht nur den Adelstitel erhalten, sondern auch erhebliche Güter erworben. Nicht weniger als sechs Abteien und zehn Kapellen standen unter ihrer Obhut.2 Solche Herrschaftsrechte in Dörfern und Kirchen bildete
Inhalt
Prolog : Ignatius von Loyola gründet einen Orden
1 Innenleben und Strukturen des Ordens
Wachstum in Europa
Lebenswege im Dienste des Ordens
Spiritualität und religiöse Praxis
Recht, Verfassung und Organisation
Unzufriedenheit, Renitenz und die Arbeit an der gemeinsamen Identität
2 Der Orden, die Kirchen und die Gläubigen
Die Jesuiten in der römischen Kirche
Die Gesellschaft Jesu im Feld der katholischen Religiosität
" Den Seelen helfen " : Seelsorge und die Intensivierung des Christentums
Jesuiten und Protestanten, Protestanten und Jesuiten
3 Saeculum und Reich Gottes : Die Jesuiten " in der Welt "
Adel und Städte : Der Orden platziert sich
Armutsideal und ökonomische Aktivitäten
Jesuiten bei Hofe und die große Politik
Gelehrte, Forscher, Pädagogen : Die Jesuiten und die frühneuzeitliche Wissenskultur
Durch die Sinne zu Gott : Die Jesuiten und die Künste
4 Der weltumspannende Orden
Globale Ausbreitung
Die Jesuiten in der Kolonialgesellschaft
Die Bekehrung der " Heiden " : Jesuiten als Missionare
Vernetzung durch Transfers : Am Beginn der Globalisierung
5 Eine Welt ohne Societas Iesü: Feindschaft, Aufhebung, Neubeginn
Vielfältige Feindschaft gegen den Orden
Die Aufhebung des Ordens
Ex-Jesuiten : Die Jahre von 1759/1773 bis 1814
Fortleben im Osten und Wiederbegründung 1814
Epilog : Der Orden in der Moderne
Das lange 19. Jahrhundert : Alter Orden, neue Orientierungen
Nach 1965 : Eine " neue " Gesellschaft Jesu
Dank
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Namensregister