

Beschreibung
Als gewissenhafter protestantischer Grabmacher hat man es schwer: Erst soll man dieses lächerliche Kreuz aufstellen, dann wird man von den 'Katholen' gebeten, 1000 Tote umzubetten, und obendrein bekommt man den bauernschlauen Ginus zur Seite gestellt...Als gewissenhafter protestantischer Grabmacher hat man es schwer: Erst soll man dieses lächerliche Kreuz aufstellen, dann wird man von den 'Katholen' gebeten, 1000 Tote umzubetten, und obendrein bekommt man den bauernschlauen Ginus zur Seite gestellt, der sich nichts als Feinde macht. Ebenso schwierig aber ist es, der Sohn dieses höchst eigensinnigen Totengräbers zu sein - vor allem wenn man unerwidert in ein Mädchen aus der Nachbarschaft verliebt ist ...
Maarten 't Hart, geboren 1944 in Maassluis, studierte Verhaltensbiologie, bevor er sich als Schriftsteller niederließ. 1997 erschien auf Deutsch sein Roman 'Das Wüten der ganzen Welt', der zu einem überragenden Erfolg wurde. Nicht zuletzt seine autobiografischen Bücher machten ihn zu einem der renommiertesten europäischen Gegenwartsautoren, dessen Bücher sich allein im deutschsprachigen Raum über 2 Millionen Mal verkauft haben.
Vorwort
»Ein großes Vergnügen.« Bücher
Autorentext
Maarten 't Hart, geboren 1944 in Maassluis, studierte Verhaltensbiologie, bevor er sich als Schriftsteller niederließ. 1997 erschien auf Deutsch sein Roman "Das Wüten der ganzen Welt", der zu einem überragenden Erfolg wurde. Nicht zuletzt seine autobiografischen Bücher machten ihn zu einem der renommiertesten europäischen Gegenwartsautoren, dessen Bücher sich allein im deutschsprachigen Raum über 2 Millionen Mal verkauft haben.
Leseprobe
3
»Glaub ja nicht«, sagte mein Vater, »man könnte einfach so, mir nichts dir nichts, einen Flieger zusammenbauen. Man muss sehr genau arbeiten.«
Er sah mich an, als hätte ich die kleinen Latten aus Eschenholz schon falsch gesägt und das weiche Packpapier zerschnitten.
»Auf deiner Stirn habe ich gesehen, was du gedacht hast: Ich mache aus zwei Latten ein Kreuz, spanne zwischen die vier Enden eine Schnur, schneide das Papier zurecht, falte es um die Schnur und leime es mit Tapetenkleister fest.«
»Das habe ich überhaupt nicht gedacht«, protestierte ich.
»Darauf lief es aber hinaus«, sagte er, »aber das Kreuz «
Er rieb über die Narbe an seinem Kinn, die nach einem Sturz aufs Eis zurückgeblieben war.
»Du kannst die Latten zusammenbinden«, sagte er, »oder mit ein paar kleinen Nägeln befestigen, aber am besten ist es, mit einem kleinen Stecheisen in der Mitte eine Kreuzverbindung zu schneiden, sodass du die Längsstrebe und die Querstrebe ineinander verschränken kannst. Wenn du es wirklich gut machst, brauchst du weder Schnur noch Nägel, sondern klemmst sie einfach fest aneinander eventuell noch mit ein wenig Holzleim vielleicht ein kleines Schräubchen na, Latten hast du genug, du kannst also anfangen «
Er schwieg, fuhr mit dem Zeigefinger über die Narbe und murmelte: »Wie sie wohl auf Golgatha das Kreuz gemacht haben? Haben sie den Querbalken einfach auf den senkrechten Balken genagelt? Oder haben sie vorher auch in der Mitte eine Kreuzverbindung gemacht? Das wäre viel fachmännischer.«
Jemand klopfte kräftig an die Tür des Bahrhäuschens.
»Wer kommt denn da jetzt auf den bescheuerten Gedanken, uns hier zu stören?«, rief mein Vater entrüstet. Er ging zur Tür, öffnete sie vorsichtig und sagte: »Ach, du schon wieder. Was willst du? Was soll das?«
Auf dem weißen Kies stand bewegungslos ein großer blaugrauer Vogel.
Mein Vater sagte: »Wenn ich ab und zu auf einem Geburtstagsfest erzähle, dass hier bei mir auf dem Grab ein zahmer Reiher herumläuft, der dann und wann mit dem Schnabel an die Tür des Bahrhäuschens klopft, wenn er sich nach Unterhaltung sehnt, weil er kränkelt, dann sieht man sie denken: Schwager, du bist auch nicht an deiner ersten Lüge erstickt. Tja, du weißt ja, wie das ist: Du kannst lügen, dass sich die Balken biegen, und die Menschen glauben dir nicht nur, sondern sie fühlen auch mit dir mit, aber sag die Wahrheit, und sie zischen hinter deinem Rücken: Schwindler.«
Er wandte sich an den Reiher und sagte gutmütig: »Such dir doch ein handfestes Weibchen es gibt genug du kannst hier ein Nest bauen, wo du willst, Bäume im Überfluss, keiner stört dich, denn außer mir sind ja alle tot, tja, was willst du noch mehr ja, ja, gut, ich weiß Rampenne der kann dich nicht ausstehen aber der hat auch nicht das ewige Leben, hat heute oder morgen seinen letzten Satz gesagt der wird bald ins Himmelreich berufen.«
Der Reiher hob seinen rechten Fuß und stellte ihn wieder auf den Boden. Dann hob er seinen linken Fuß und stellte auch den wieder auf den Boden.
»Ich mache mich gleich an die Arbeit«, sagte mein Vater, »gedulde dich noch einen Moment, ich wollte noch kurz mit meinem Sohn über seinen Flieger sprechen ich muss ihm doch beibringen, wie man so ein Ding bastelt, das ist auch in deinem Interesse bald steht hier ein Kamerad für dich am Himmel.«
Der Reiher schüttel