

Beschreibung
Der wahre Bericht eines Schiffbrüchigen: Am 17. November 2012 bricht José Salvador Alvarenga mit seinem Begleiter in einem kleinen Boot zum Fischfang auf. Als in einem heftigen Unwetter vor der Küste Mexikos der Motor versagt, beginnt eine 10?000 Kilometer lan...Der wahre Bericht eines Schiffbrüchigen: Am 17. November 2012 bricht José Salvador Alvarenga mit seinem Begleiter in einem kleinen Boot zum Fischfang auf. Als in einem heftigen Unwetter vor der Küste Mexikos der Motor versagt, beginnt eine 10?000 Kilometer lange Odyssee über den Ozean, auf der der Fischer von Haien angegriffen wird und mit ansehen muss, wie sein Gefährte stirbt. Packend schildert Jonathan Franklin das nervenzerreißende Drama an Bord und wie man als Mensch 14 Monate auf dem Meer überleben kann.
Jonathan Franklin, 1964 in Manchester geboren, ist mehrfach ausgezeichneter, investigativer Journalist und lebt seit 16 Jahren als Korrespondent in Chile. Seine Reportagen erscheinen regelmäßig in The Guardian, Washington Post, Dagbladet, Jerusalem Post, Sydney Morning Herald, Rolling Stone sowie im Spiegel.
Autorentext
Jonathan Franklin, 1964 in Manchester geboren, ist mehrfach ausgezeichneter, investigativer Journalist und lebt seit 16 Jahren als Korrespondent in Chile. Seine Reportagen erscheinen regelmäßig in The Guardian, Washington Post, Dagbladet, Jerusalem Post, Sydney Morning Herald, Rolling Stone sowie im Spiegel.
Leseprobe
DIE HAIFISCHJÄGER
Er hieß Salvador. Er kam auf blutigen Füßen zu uns und sagte, er suche nach Arbeit - egal was, Hauptsache, ein Neuanfang -, aber für alle, die den Neuling sahen, wirkte er wie ein Mann auf der Flucht.
Salvador Alvarenga war sechs volle Tage lang auf steinigem Boden die mexikanische Küste entlanggewandert, bevor er das Dorf Costa Azul erreichte, das direkt am Strand lag. Sein Gepäck bestand aus nichts als einem kleinen Rucksack; seine Kleider waren abgetragen. Er spürte eine immense Erleichterung, als er Costa Azul im Herbst 2008 erreichte. Die Mangrovensümpfe, die Maisfelder der Umgebung, der donnernde Ozean, die geschützte Lagune - alles war wie zu Hause in El Salvador, bloß dass ihn hier niemand umbringen wollte. Nur wenige Hundert Einwohner zählte der kleine Küstenort, wobei er dicht bevölkert war von den Schwärmen der Zugvögel, die jedes Jahr fast viertausend Kilometer weit von Kalifornien in Richtung Süden bis hierher zogen. Tausende Meeresschildkröten schlüpften regelmäßig aus ihren im Sand vergrabenen Gelegen und machten sich auf die Wanderung - manche schwammen fast zwanzigtausend Kilometer weit über den Pazifik bis nach China. Der Ort war einerseits ein Paradies des Ökotourismus, andererseits gesetzlos wie der Wilde Westen - die ideale Zuflucht für einen Mann, der seiner Vergangenheit entkommen und ein neues Leben beginnen wollte.
Alvarenga, immer freundlich und hilfsbereit, hatte ein rundes Gesicht und helle Haut. Ein Einreisevisum oder eine Arbeitserlaubnis besaß er nicht, also behauptete er einfach, Mexikaner zu sein. Auf dieser Lüge bestand er hartnäckig, wenn jemand seine Geschichte anzweifelte. Einmal geriet er in eine Polizeikontrolle. Die Beamten sagten ihm auf den Kopf zu, er sei bestimmt Ausländer, woraufhin er spontan eine Strophe der mexikanischen Nationalhymne schmetterte.
Guerra, guerra sin tregua al que intente
de la Patria manchar los blasones
guerra, guerra, los patrios pendones
en las olas de sangre empapad
Krieg ohne Unterlass gegen jeden
Der des Vaterlandes Ehr beschmutzt!
Krieg, Krieg! Die Banner der Patrioten
Getränkt in Strömen von Blut.
Alvarenga versuchte seine mangelnde Begabung als Sänger durch ein Übermaß an Selbstvertrauen auszugleichen. Er sang entsetzlich schief, aber voller Nationalstolz. Die Polizisten ließen sich von seiner Gesangseinlage überzeugen und verfolgten ihren Verdacht nicht weiter.
Costa Azul liegt in einem versteckten Winkel von Chiapas, dem ärmsten Bundesstaat Mexikos. Wer auf der Suche nach einem besseren Leben ist, bleibt gewöhnlich nicht lange hier, sondern ist auf der Wanderung nach Norden in die USA. Nur wenigen Ankömmlingen erscheint die angeschlagene örtliche Ökonomie vielversprechend. Die Augen des dreißigjährigen Alvarenga waren allerdings nicht auf das Land gerichtet, sondern auf den Pazifik. Das war schon so, seit er mit elf Jahren von zu Hause ausgerissen war, um sich mit ein paar Freunden am Strand niederzulassen. Costa Azul sollte nicht seine neue Heimat werden, sondern sein Heimathafen. Er wollte sich auf tagelangen Ozeanfahrten zu den reichsten Fischgründen aufmachen, die es in dem ausgeplünderten Ökosystem entlang der mexikanischen Küste noch immer gibt.
Geschützt von einer anderthalb Kilometer langen Vorlandinsel und umgeben von unwegsamen Mangrovendickichten, in die noch kein Holzfäller vorgedrungen ist, bietet die Postkartenidylle dieser Lagune Tausenden Fischen Zuflucht. Ihren tödlichen Fehler entdecken die Tiere erst, wenn der messerscharfe Schnabel eines Blaureihers sie bei lebendigem Leib aufspießt oder sie im Rachen eines Krokodils landen. Von fern wirkte die Lagune wie ein sicherer Hafen. Während draußen auf dem Meer wütende Stürme tobten, manchmal wochenlang, lag das Dörfchen geborgen und geschützt im Mangrovendschungel. Wie das Auge eines Wirbelsturms verbarg Costa
Inhalt
Sturmerprobt
Überfall auf hoher See
Suche aber keine Rettung
Der Strömung ausgeliefert
Jäger und Sammler
Kampf ums Überleben
Schwimmen unter Haien
Begegnungen mit dem Walhai
Auf dem Weg ins Nirgendwo
Ein Jahr auf See
Ein langsames Sterben
Der Hahn
Wer ist dieser Wilde?
Gefunden und doch verloren
Angriff der Kakerlaken
Der Ruf des Meeres
Nachwort des Autors
Anmerkung zu den Zeit- und Positionsangaben
Anmerkung zur Umgangssprache der Fischer
