

Beschreibung
Ein luxusverwöhnter, exzentrischer Snob, der Duelle focht und mehr Liebschaften hatte als Casanova, ein Abenteurer, der zu Pferd halb Afrika durchquerte, von höchstem Adel, aber republikanisch gesinnt, begabter Autor, genialer Gartenarchitekt: Eine Persönlichk...Ein luxusverwöhnter, exzentrischer Snob, der Duelle focht und mehr Liebschaften hatte als Casanova, ein Abenteurer, der zu Pferd halb Afrika durchquerte, von höchstem Adel, aber republikanisch gesinnt, begabter Autor, genialer Gartenarchitekt: Eine Persönlichkeit wie den Fürsten Pückler-Muskau hat es im Deutschland des 19. Jahrhunderts nicht noch einmal gegeben.
Heinz Ohff, geboren 1922, gestorben 2006, war von 1961 bis 1987 Feuilletonchef des Berliner Tagesspiegel. Von ihm liegen zahlreiche Biographien vor, unter anderem über Königin Luise von Preußen, Karl Friedrich Schinkel, Fürst Pückler-Muskau, Theodor Fontane und die Könige Preußens sowie die 'Gebrauchsanweisung für England' und die 'Gebrauchsanweisung für Schottland'. Der Autor lebte in Berlin und Cornwall.
Vorwort
Abenteurer, Lebemann, Gelehrter.
Autorentext
Heinz Ohff, geboren 1922, gestorben 2006, war von 1961 bis 1987 Feuilletonchef des Berliner Tagesspiegel. Von ihm liegen zahlreiche Biographien vor, unter anderem über Königin Luise von Preußen, Karl Friedrich Schinkel, Fürst Pückler-Muskau, Theodor Fontane und die Könige Preußens sowie die "Gebrauchsanweisung für England" und die "Gebrauchsanweisung für Schottland". Der Autor lebte in Berlin und Cornwall.
Leseprobe
Auftritt des Helden
Was hier erzählt werden soll, ist alles andere als ein Schauerroman. Es beginnt trotzdem schaurig genug.
Ein junger Graf, noch nicht ganz 30 Jahre alt, hat eben einen Entschluß gefaßt, der sein Leben verändern soll und seinen gesamten Besitz, die größte Standesherrschaft in deutschen Landen, dazu. Der Entschluß ist lange in ihm gereift. Jetzt verwirklicht er ihn und setzt an den Anfang eine große pathetische Szene.
Vor den erschreckten Augen seiner Untertanen, meist abergläubischen Hinterwäldlern, steigt er zur Mitternacht in die Gruft seiner Ahnen, um dort über Leben und Tod, Vergangenheit und Zukunft, über sich, seine Herkunft und seine Pläne zu meditieren.
Drei Särge hat der junge Graf vorher öffnen lassen. Mit dem Küster schreitet er zur Geisterstunde beim Schein einer Fackel der Kirche entgegen. Es ist Vollmond. Die Kreuze auf dem Friedhof werfen lange Schatten. Wind heult durch die Kiefern. Immer wieder verschwindet der Mond hinter fliegenden Wolken.
»Woher das unbegreifliche Grauen vor den Toten, die kein Glied mehr rühren können, uns zu schaden«, lesen wir in des Grafen eigenem Bericht. »Woher die nächtlichen Schauer, woher die eisige Furcht vor dem, was einst Leben hatte und uns wieder erscheint ohne Fleisch und Bein? - Wenn man jung ist, will man alle Furcht besiegen.«
Mit einer Handbewegung schickt er den Küster fort, nachdem dieser die knarrende Falltür geöffnet hat. Die Fackel in der Hand steigt der junge Standesherr die morschen Stufen hinab ins düstere Gewölbe. »Mein alter Großvater, der 86 Jahre des Lebens Bürde getragen, war der erste, den ich erblickte. Sein schlohweißes Haar hatte sich in der bleiernen Hülle wieder blond gefärbt. Sein Haupt lag nicht mehr in der alten Richtung auf dem Kissen, sondern hatte sich seitwärts mir zugewandt, und seine weiß kalzinierten (kalkbedeckten) Augen starrten mich an wie zum Vorwurf, daß ich im jugendlichen Übermute der Toten Ruhe gestört.« Ihm küßt er den eiskalten Schädel und schneidet »eine spärliche Locke von seinem ehrwürdigen Scheitel«.
Im zweiten Sarg streckt sich »unter goldgestickten Lumpen ein langes Gerippe hin«, das eines Feldobristen, der im Dreißigjährigen Krieg unter Pappenheim gegen die Schweden zu Felde gezogen ist - ein weiterer Vorfahr.
Dem gleichen Geschlecht, welches sich, der Sage nach, auf Rüdiger von Bechelaren, den Ritterhelden aus dem Nibelungenlied, zurückführt, gehörte auch die Frau im dritten Sarg an. Sie sei, berichtet unser Graf, »bei ihrem Leben die schöne Ursula genannt« worden. In der lokalen Überlieferung hat sie allerdings als »böse Ursel« überlebt. »Der kleine Totenkopf hatte eine dunkelbraune, häßliche Farbe angenommen; der ganze übrige Körper war mit einem langen, wunderbar erhaltenen Mantel von feuerfarbener Seide mit silbernen Fransen bedeckt. Ich wollte ihn aufheben, doch er kam mir selber zuvor, denn bei der ersten Berührung zerfiel er fast in Staub, und eine Legion Kellerwürmer, Gott weiß, wie hier hereingekommen, wimmelten unter meinen Händen auf den zusammengebrochenen Knochen.«
Lange betrachtet der Graf, auf einem der nicht geöffneten Särge sitzend, »in dumpfer Betäubung« bei flackerndem Fackellicht die lange Reihe seiner Vorfahren. Dann fällt er auf die Knie und betet, »bis das Eis in meiner Brust in schmerzlich-süße Tränen zerschmolz. Was von Furcht, Grausen und allen unheimlichen Gefühlen in mir gewesen, es verschwand vor Gott, und stille sanfte Wehmut blieb allein zurück.«
Gestärkt und getröstet, will man seinen Worten glauben, schreitet der Standesherr zurück in die Welt der Lebenden. Die - von uns übrigens hinzuerfundene - Kulisse von Mond, Wolken und Windgeheul gehört dort gewissermaßen zum Gefühlsrepertoire. Wir befinden uns in Zeiten der Hochromantik mit ihrem Gespenster- und Unheimlichkeitskult. Die Romantiker, zu denen wir den Grafen rechnen müssen, pflegen freilich, als Kehrseit
