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Eigentlich hatte sie andere Pläne. Ein selbstbestimmtes Leben, Reisen, vielleicht eine Karriere als Schriftstellerin. Doch als sich Ingrid in ihren Literaturprofessor Gil Coleman verliebt und von ihm schwanger wird, wirft sie für ihn all dies über Bord. Gil liebt seine junge Frau, und dennoch betrügt er sie, lässt sie viel zu oft mit den Kindern allein. In ihren schlaflosen Nächten beginnt sie, Gil heimlich Briefe zu schreiben. Statt ihm ihre innersten Gedanken anzuvertrauen, steckt sie ihre Briefe in die Bücher seiner Bibliothek und verschwindet schließlich auf rätselhafte Weise. Zwölf Jahre später glaubt Gil, seine Frau in dem kleinen Ort an der englischen Küste wieder gesehen zu haben - und ihre gemeinsame Tochter Flora, hin und her gerissen zwischen Hoffnung und Verzweiflung, beginnt nach Antworten zu suchen, ohne zu ahnen, dass sie nur die Bücher ihres Vaters aufschlagen müsste, um sie zu erhalten ...
Claire Fuller lebt mit ihrem Mann in Winchester, England, und hat zwei erwachsene Kinder. Für ihren späten Debütroman 'Our Endless Numbered Days' wurde sie mit Kritikerlob überschüttet und dem Desmond Elliot Award ausgezeichnet sowie als 'Richard & Judy Book Club'-Empfehlung ausgewählt. 'Eine englische Ehe' ist ihr zweiter Roman und wurde wie schon ihr Debüt in mehr als 10 Sprachen lizensiert.
Autorentext
Claire Fuller lebt mit ihrem Mann in Winchester, England, und hat zwei erwachsene Kinder. Für ihren späten Debütroman "Our Endless Numbered Days" wurde sie mit Kritikerlob überschüttet und dem Desmond Elliot Award ausgezeichnet sowie als "Richard & Judy Book Club"-Empfehlung ausgewählt. "Eine englische Ehe" ist ihr zweiter Roman und wurde wie schon ihr Debüt in mehr als 10 Sprachen lizensiert.
Leseprobe
1
Das Klingeln weckte Flora aus tiefem Schlaf. Neben ihr lag Richard mit einem Kissen auf dem Kopf, und sie kletterte über ihn hinweg in das kalte, düstere Zimmer. Sie stieg über das Durcheinander von Klamotten, leeren Flaschen und schmutzigen Tellern auf dem Fußboden, nahm eine alte Tischdecke vom Sofa, mit der sie die Fettflecken darauf abdeckte, die vom vorigen Mieter stammten, und warf sie sich über die Schultern. Das Klingeln hörte auf. Flora seufzte, und als sie ausgeatmet hatte, fing es wieder an. Sie ortete das Klingeln und wühlte in dem Kleiderberg, bis sie ihre Jeans fand, in der ihr Mobiltelefon steckte. Nan, stand auf dem Display. Richard drehte sich mit einem Stöhnen um, und Flora ging ins Bad. »Nan?«, sagte sie. Sie zog an der Schnur für das Licht und zuckte bei dem hellen Schein zusammen.
»Hallo? Flora!«
»Oh, entschuldige bitte«, sagte Flora. »Ich hätte anrufen sollen. Herzlichen Glückwunsch nachträglich.«
»Danke«, sagte Nan, »aber das ist nicht der Grund, warum ich anrufe.« Ihre Stimme klang angespannt, besorgt, und in Floras Magen regte sich ein Tier.
»Ist was passiert?« Floras Stimme war ein Flüstern. Sie hockte sich auf den Fußboden und schob sich zwischen Badewanne und Waschbeckenfuß an die Wand. Aus der Nähe betrachtet, verwandelten sich die gestickten Kringel und Strudel auf der Tischdecke in silberblaue Fische, die über ihre Knie schwammen.
»Was?«, sagte Nan. »Ich kann dich nicht richtig verstehen. Der Empfang ist furchtbar. Flora? Hallo?« Nans Stimme war zu laut. »Es ist wegen Dad«, rief sie.
»Wegen Daddy?«, sagte Flora, und sofort entstanden in ihrem Kopf verschiedene Schreckensbilder.
»Es gibt keinen unmittelbaren Grund zur Sorge, aber ...«
»Was?«
»Er hatte einen Unfall.«
»Was für einen Unfall? Wo? Wann?«
»Ich kann dich nicht hören«, sagte Nan.
Flora stand auf, stieg in die Badewanne und öffnete das Fenster zu dem Schacht unterhalb des Gehwegs. Draußen war es dunkel, was Flora verwirrend fand. Ein Windstoß fuhr durchs Fenster, über ihr schwankten die Formen der Bäume und Büsche. »Ist es besser so?«
»Ja, besser«, sagte Nan immer noch mit lauter Stimme. »Dad ist von der Promenade in Hadleigh auf die Felsen gefallen. Platzwunden, blaue Flecke, vielleicht eine Gehirnerschütterung, Handgelenk verstaucht. Nichts Ernstes ...«
»Nichts Ernstes - meinst du wirklich? Soll ich besser kommen?«
»... vielleicht ist er auch gesprungen«, sagte Nan weiter.
»Gesprungen?«
»Nein, jetzt nicht.«
»Von der Promenade?«
»Flora, musst du alles, was ich sage, wiederholen?«
»Dann erzähl mir doch, was passiert ist.«
»Bist du betrunken?«
»Natürlich nicht«, sagte sie, aber möglicherweise war sie es noch.
»Oder bekifft? Bist du bekifft?«
Flora musste lachen. »Heute sagt niemand mehr bekifft, Nan. Man sagt high.«
»Also - bist du high?«
»Ich habe geschlafen«, sagte Flora. »Erzähl! Was ist passiert?«
»Habe ich dich geweckt? Es ist Abend, halb zehn am Abend, meine Güte.« Nan klang entrüstet.
»Am Abend?«, sagte Flora. »Es ist nicht Morgen?«
Nan machte ein missbilligendes Geräusch, und Flora sah vor sich, wie ihre Schwester den Kopf schüttelte.
»Ich war die ganze Nacht auf«, sagte Flora. Sie würde Nan ganz sicher nicht erzählen, dass sie und Richard die letzten zwei Tage im Bett verbracht hatten. Dass sie sich zweimal Jeans und Pullover angezogen hatte, zu dem Laden in der Stockbridge Road gelaufen war und zwei Flaschen Wein, ein Stück blassen Cheddar, eine Tüte geschnittenes Weißbrot, Bohnen in Tomatensoße und Schokolade gekauft hatte. Richard hatte angeboten zu gehen, aber Flora hatte ein paar Minuten ohne ihn sein wollen. Sobald sie zurück war und die Tür zu der Wohnung im Souterrain hinter sich geschlossen hatte, legte sie den Beutel hi