

Beschreibung
Der promovierte Literatur- und Kommunikationswissenschafter beschäftigt sich seit vielen Jahren mit kultur- und mythengeschichtlichen Themen. Neben Romanen für erwachsene und junge Leser hat er zahlreiche Sachbücher publiziert und Forschungsreisen unter ander...Der promovierte Literatur- und Kommunikationswissenschafter beschäftigt sich seit vielen Jahren mit kultur- und mythengeschichtlichen Themen. Neben Romanen für erwachsene und junge Leser hat er zahlreiche Sachbücher publiziert und Forschungsreisen unter anderem im karibischen und südostasiatischen Raum unternommen. Andreas Gößling lebt mit seiner Frau, der Autorin und Sprachdozentin Anne Löhr-Gößling, bei Berlin.
1480 A.D.: Im Keller des Klosters Maulbronn wird die Magd Maria von einem Unbekannten geschändet und geschwängert vom Teufel, munkeln die Mönche, aber vielleicht war es auch ihr eigener Abt. Jedenfalls hat der Klostervorsteher zeitlebens ein Auge auf den in ärmsten Verhältnissen vaterlos aufwachsenden Knaben, der auf den Namen Georg Johannes Faust getauft wird. Der kleine Georg entwickelt wundersame Fähigkeiten, die ihm früh den Ruf eintragen, übernatürliche Kräfte zu besitzen und die Begehrlichkeit von Fürsten und Äbten wecken. Faust selbst hat gute Gründe, an seine halbteuflische Herkunft zu glauben: Er fühlt sich von Dämonen besessen und versucht verzweifelt, die Kontrolle über sich selbst zu erlangen. Zugleich soll er die Befehle der mächtigen Herren erfüllen, die ihn mit Schande und Tod bedrohen, falls er ihre Schatzkammern nicht mit alchimistisch erschaffenem Gold füllt. »Suchtgefahr, man kann das Buch nicht mehr aus den Händen legen.« (Thüringische Landeszeitung) »Ein teuflisch guter Roman.« (histo-couch.de)
Leseprobe
Andreas Gößling Faust, der Magier Roman Edition Marbuelis - Band 7 Prolog Der Graf von Murau höchstselbst öffnete das Burgtor, um den heiklen Gast einzulassen. Ein kalter Wind pfiff über den Hügel, doch die Abendsonne färbte das Himmelsblei golden und rot. Man schrieb den 19. April im 1514. Jahr der Christenheit. Seit er vor einer Woche den Brief erhalten hatte, der das Kommen des Magiers ankündigte, war Graf Gregor von fiebriger Unruhe erfüllt. Noch am selben Tag hatte er dem Herrn Nigrethius eine Botschaft an den Bodensee gesandt, wie sie das vor Jahr und Tag vereinbart hatten. In seiner abgetragenen Benediktinerkutte war der einstige Abt von Spornstein sogleich herbeigeeilt, doch die Beruhigung, die sich Graf Gregor vom Eintreffen des magiekundigen Geistlichen versprochen hatte, war gänzlich ausgeblieben. Mochte es nun an seinem pergamentenen Aussehen liegen oder an der eigenartigen Sprechweise, einem Raunen, das nach Ruß und Asche klang - mit jedem Tag war der beinerne Herr Nigrethius ihm noch etwas unheimlicher geworden. Und so war er beinahe erleichtert, dass endlich der Doktor Faust eingetroffen war, so als ob der Magier ihm gegen den Mönch beistehen sollte und nicht umgekehrt. Der Burgherr musste sich räuspern, ehe er ein paar Willkommensworte hervorstottern konnte. Seine Hand, die er dem Zauberer reichte, war klamm vor Schweiß. Aus irgendeinem Grund hatte er vorausgesetzt, dass Faust allein oder allenfalls mit einem Diener reisen würde. Indessen wurde der viel Beschriene von einer hageren Frau in mittleren Jahren begleitet, die er als seine Gefährtin Lena Siebenschöpf vorstellte. Überdies trug er einen zweigdürren Zwerg auf dem Arm, der mit stummer Anmut sein Häuptlein vor dem Burgherrn neigte. Durch die kahle Halle führte der Graf seine Gäste in den Speisesaal, wo seit bald einem Jahrzehnt niemand mehr getafelt hatte. Ein Dutzend Büsten seiner ritterlichen Ahnen standen aufgereiht auf dem Wandpodest, und dem einen fehlte die Nase, dem nächsten ein Ohr. Selbst die Rüstungen im Alkoven schienen sich fröstelnd zusammenzudrängen, so kalt war der Hauch, den die Mauern verströmten. Der altersdunkle Eichentisch bot sechsundzwanzig Essern Platz, und so nahm sich der Fleck am unteren Eck, wo für sie aufgedeckt worden war, recht kläglich aus. Dabei hatte der Graf auch seinen Burgvogt zum Abendmahl geladen, den stocksteifen Franz von Fronhort. Seine Schwester hingegen hatte er beschworen, sich von dem neuen Gast möglichst fernzuhalten, doch kaum hatten sie an der Tafel Platz genommen, da trat auch Gunda in den Saal. Gunda von Murau war ein noch junges, stark gebautes Weib mit kupfernem Haarschopf, unvermählt wie ihr um fünf Jahre älterer Bruder und dessen letzter Stolz und Trost. Als der Blick des Zauberers über sie strich, erschauerte sie sichtlich, und weder Fausts Begleiterin noch dem Edlen von Fronhort entging, wie Gundas grüne Augen sich mit Schleiern überzogen. Doch Lena Siebenschöpf ließ sich so wenig anmerken wie der Burgvogt, der seinem ruinierten Gebieter nur deshalb noch nicht davongelaufen war, weil er sein Herz vor Jahr und Tag an die Dame Gunda verloren hatte. Bloß einen einzigen Diener gab es noch im gräflichen Haushalt. Der getreue Anton war mittlerweile so hochbetagt, dass er seine eigenen Gebeine kaum mehr umherzutragen vermochte. Die Suppenterrine schob er auf einem sinnreich gezimmerten Karren in den Saal, und bei jedem Schritt wetteiferte sein Ächzen mit dem Quietschen der Räder, denen es an Schmiere so sehr mangelte wie der Willkommenssuppe an Fleisch. Man löffelte schweigend. Es erstaunte den Edlen von Fronhort, wie abgezehrt der Zauberer aussah. Vor kaum zehn Jahren, als er ihn zu Bruchsal abgepasst hatte, war Faust fast noch ein Jüngling gewesen, mit glatten Zügen und goldenen Locken. Doch der Mann, der hier stumm seine Brühe schlürfte und bloß die Dame Gunda zuweilen mit seinem oft besungenen Flammenblick bestrahlte, trug so tiefe Furchen im Antlitz wie ein Greis von fünfzig Jahren. Zum Hauptgan