

Beschreibung
Die Zillertaler Alpen zählen nicht nur zu den bekanntesten Gebirgsgruppen Österreichs und der gesamten Ostalpen überhaupt zwischen den jäh aufragenden Kämmen und den zahlreichen dazwischenliegenden Gründen betritt man darüber hinaus klassischen geologischen Bo...Die Zillertaler Alpen zählen nicht nur zu den bekanntesten Gebirgsgruppen Österreichs und der gesamten Ostalpen überhaupt zwischen den jäh aufragenden Kämmen und den zahlreichen dazwischenliegenden Gründen betritt man darüber hinaus klassischen geologischen Boden. Die Gebirgsgruppe umschließt das westliche Tauernfenster und erlaubt damit einen Blick auf kristalline Gesteinseinheiten, die, gäbe es die Alpenauffaltung nicht, normalerweise tief innerhalb europäischer Erdkruste verborgen lägen. Die erdgeschichtlich betrachtet gar nicht mal so lang zurückliegende alpine Gebirgsbildung im Herzen Europas ist dafür verantwortlich, dass wir, tektonisch gesehen, kilometertief durch Oberostalpin, Unterostalpin, Glockner-Deckensystem bis zum aufgedomten und herausgefalteten kristallinen Venediger-Deckensystem hinab blicken können. Pardon, eigentlich hinauf, denn es ist nicht zuletzt das harte, metamorphe und witterungsresistente Kristallingestein, das die Zillertaler Alpen bis über dreieinhalb Kilometer hoch stehen ließ. Klingt kompliziert? Ist es auch! Und genau an diesem Punkt setzen das vorliegende Buch und sein Nachfolgeband in allgemeinverständlich gehaltener, reich bebilderter Form und Konzeption an. Ohne den Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit zu erheben dazu sind die Zillertaler Alpen einfach zu groß durchstreifen in diesem Band neun Wanderungen in die Erdgeschichte den überaus reizvollen Hochgebirgs-Naturpark Zillertaler Alpen zwischen dem Bergsteigerdorf Ginzling und dem Zillertaler Hauptkamm der Grenze von Nord- zu Südtirol. Auch hier ist der Begriff Wanderungen wortwörtlich zu nehmen, denn man muss sich jeden beschriebenen Höhenmeter ehrlich erarbeiten. Nur einmal wie an der Ahornspitze, dem Hausberg Mayrhofens, hilft eine Seilbahn über die erste Etappe hinweg. Die vielfältige Geologie am Wegesrand und das, was man sonst noch aus Steinen und Landschaft lesen kann, stehen dabei im Mittelpunkt: 700 Millionen Jahre Erdgeschichte liegen über den Tälern und Bergen, und neben all den tektonischen Einheiten, Gesteinen und Mineralien, die die Zillertaler Alpen zu bieten haben, kommt auch mit dem Eiszeitalter das bislang letzte große erdgeschichtliche Kapitel dieser Region nicht zu kurz. Sei es an einsamen Bergen wie der Grüne Wand-Spitze, der Vorderen Grinbergspitze oder der Zillerplattenspitze, entlang der höchsten Teiletappe des Berliner Höhenwegs, an der Rotbachlspitze (die ihrem Namen nun wirklich alle Ehre macht!) oder an stolzen Dreitausendern wie dem Hohen Riffler oder gar dem Hochfeiler, dem höchsten Punkt der Gebirgsgruppe. Auf seinem Normalweg über Südtiroler Gebiet durchstreift man eine ganz besonders spannende geologische Ecke in der Knautschzone des südwestlichen Tauernfensters! Genau diese berühmte tektonische Großstruktur die größte ihrer Art in den gesamten Alpen drückt diesem Band ihren Stempel auf und widmet sich eingehender vor allem den dort erschlossenen kristallinen Lithologien. Ihre sedimentär-metamorphe Umhüllung, die sich zwiebelschalengleich nordwärts zu den südlichen Tuxer Alpen anschließt, durchstreift in intensiverer Form der Nachfolgeband 44.
700 Millionen Jahre Erdgeschichte, eine Zahl so groß, dass sie einen schwindlig werden lässt. Und doch stecken in den Kämmen, Eisgipfeln und Gründen im westlichen Tauernfenster rund um den Hochgebirgs-Naturpark Zillertaler Alpen derartige Zeitspannen. Der vorliegende Band versucht sich als Geologischer Wanderführer und Wegbereiter gleichermaßen, um in neun Routen die vielfältigen Gesteine, tektonischen und stratigraphischen Geheimnisse und nicht zuletzt die erdgeschichtlich betrachtet erst gestern erfolgte glazigene Überformung der Landschaft zu ergründen. Grundlage ist hierfür das im Auftrag des Hochgebirgs-Naturparks Zillertaler Alpen neu kartierte und erstellte Geologische Kartenset im Maßstab 1:25:000 (erscheint ebenfalls im Jahr 2023).
Autorentext
Thomas Hornung, Jahrgang 1975, gebürtiger Oberfranke, Wahl-Oberbayer und begeisterter Alpenbewohner gleichermaßen, ist studierter und promovierter Geologe und Paläontologe. Er arbeitet seit mehr als anderthalb Jahrzehnten als Geländegeologe, Kartierer und Projektleiter in einem Ingenieurbüro in Salzburg und darüber hinaus als Dozent für Paläontologie, Erdgeschichte und Paläoanthropologie an der Universität der schönen Stadt an der Salzach. Dabei fällt ihm sein ständiger Spagat zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Wissensvermittlung zu nachfolgenden Geologen-Generationen auch deswegen so leicht, weil es sein Anliegen ist, geowissenschaftliche Teildisziplinen wie Alpengeologie, Erdgeschichte und Paläontologie sowie Tektonik und Geomorphologie so verständlich wie möglich an den Mann zu bringen. Eigentlich fachlich und beruflich eher im sedimentären und fossilreichen Kalkalpin Süddeutschlands und Österreichs zuhause, hat er sich über den Tellerrand hinaus ins Kristallin der zentralen Ostalpen gewagt und war erstaunt, wie sedimentär viele der hier beschriebenen Gesteins-Einheiten in den Zillertaler Alpen tatsächlich sind denn es finden sich dort sogar bisweilen Fossilien wie Ammoniten, die gar den Bogen zurück in seine alte Heimat im schönen Frankenland schlagen können!
Leseprobe
Der Begriff Zillertaler Alpen hat einen besonderen Klang und genießt bei denen, die sich in den Ostalpen auskennen und dementsprechend gern dort aufhalten, einen geradezu legendären Ruf. Seien es die Alpinisten, die ihrem liebsten Hobby, dem Gipfelsammeln frönen, die Strahler oder Mineralienliebhaber, die in den Bauch der Erde kriechen, um an die glitzernden und funkelnden Schätze der Unterwelt heranzukommen, die Skifahrer, die jeden Winter das Tal förmlich überschwemmen oder die unzähligen Touristen, die sich die himmelhohen Zillertaler Bergriesen lieber aus den Tälern anschauen und einen saisonbedingten Beinahe-Kollaps talnaher Infrastruktur heraufbeschwören. Alpinismus, Skifahren und Tourismus allgemein zu diesen zweifelsohne für die hiesige Wirtschaft sehr wichtigen Schlagworten gibt es unzählige Beschreibungen, Schriften, wissenschaftliche Publikationen und öffentliche Meinungen. Die Strahler hingegen dürften gemeinhin als Narrische gelten, denn sie begeben sich willentlich in nahezu unzugängliches und menschenfeindlich hochalpines Gebiet, um den funkelnden Spuren der Erdgeschichte in mitunter geheimniskrämerischer Form nachzugehen. Dementsprechend rar wird das, was man in geschriebener Form darüber erfahren kann. Und was ist mit der Geologie? Zwar sagen die Gelehrten, dass man sich in einem der geologischen Hotspots der Ostalpen schlechthin befindet und nimmt nur Eingeweihten bekannte Schlagworte wie Tauernfenster, Altes Dach, Penninikum und unterostalpine Decken beinahe ehrfürchtig in den Mund. Dabei bleibt es aber auch. Zwar ist die Liste der Publikationen zur Geologie der Zillertaler Alpen ellenlang, doch wie so oft liegen die Artikel im wissenschaftlichen Dornröschenschlaf in staubigen, dunklen Archiven der zuständigen Behörden oder geistern gelangweilt, halb vergessen und nur von Eingefleischten gelesen durch die digitalisierte Welt der Gegenwart. Zudem behandeln sie meist nur einen ganz speziellen Teilaspekt der regionalen Geologie und erlauben keinen Überblick. Mit anderen Worten: Es gibt bislang keinen allgemeinverständlichen Geologischen Führer zu den Zillertaler Alpen und schon gar keinen, der versucht, Alpinismus, Mineralien, Geologie und (glaziale) Geomorphologie unter einen Hut zu bringen. Genau an diesem Punkt setzt der Grundgedanke dieses Buches an. Die Zillertaler Alpen mögen landschaftlich herausragend sein, geologisch betrachtet sind sie es jedoch auch. In ihrem Kerngebiet sind sie weitaus mehr als nur das westliche Tauernfenster. Dieses großtektonische Struktur-Element gibt Einsichten in tiefe, hoffnungslos verformte Bereiche des alten europäischen Kontinentalsockels, die normalerweise mehr als 20 Kilometer tief in kontinentaler Oberkruste verborgen liegen würden und für uns folglich schlicht unerreichbar w…
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