

Beschreibung
Texas, 1896: Abigail Kemp, eine pragmatische, entschlossene junge Frau, will nach dem Tod ihres Vaters die kleine Bäckerei in Honey Grove weiterführen. Als der Stadtrat ihr mitteilt, dass nur Männer als Geschäftseigentümer zugelassen sind, sucht Abigail fieber...Texas, 1896: Abigail Kemp, eine pragmatische, entschlossene junge Frau, will nach dem Tod ihres Vaters die kleine Bäckerei in Honey Grove weiterführen. Als der Stadtrat ihr mitteilt, dass nur Männer als Geschäftseigentümer zugelassen sind, sucht Abigail fieberhaft nach einem Ausweg. Schnell hat sie eine kreative Lösung gefunden: Ein »Schein-Ehemann« muss her! Also macht sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Junggesellen. Ihre Wahl fällt auf den wortkargen Handwerker Zach Hamilton, der sich jedoch als längst nicht so formbar erweist wie Abigails Brotteig ...
Autorentext
Karen Witemeyer liebt historische Romane mit Happy-End-Garantie und einer überzeugenden christlichen Botschaft. Nach dem Studium der Psychologie begann sie selbst mit dem Schreiben. Zusammen mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebt sie in Texas.
Leseprobe
Kapitel 1 Honey Grove, Texas Mai 1896 »Der Stadtrat hat Ihren Einspruch abgelehnt, Miss Kemp.« Bürgermeister Longfellow teilte ihr diese Entscheidung mit einer Endgültigkeit mit, die einem Schlag gleichkam und Abigail fast den Boden unter den Füßen weggerissen hätte. Die Ältesten, die sich allesamt erhoben hatten, als sie den Besprechungsraum des Rathauses betreten hatte, versammelten sich nun auf der einen Seite des riesigen Tisches, sodass Abigail alleine auf der anderen Seite zurückblieb. Einige nickten wichtigtuerisch zur Bekräftigung der Aussage des Bürgermeisters. Andere hatten mitfühlendere Gesichter aufgesetzt. Einer oder zwei sahen sie entschuldigend an. Ein schüchterner Mann ganz hinten blickte sogar zu Boden und mied ihren Blick. Doch trotz ihres Bedauerns wagte es keiner, sich gegen Longfellow auszusprechen. »Das ist nicht gerecht.« Abigail Kemp trat mit zittrigen Beinen an den polierten Eichentisch heran und legte ihre Hand auf den Ordner, in dem sie ihre Gewinnzahlen und den Geschäftsplan mitgebracht hatte, der ihre Fähigkeiten unter Beweis stellte. »Ich führe die Bäckerei schon länger als ein Jahr, seit mein Vater krank geworden ist. In all dieser Zeit hat das Geschäft jedes Quartal mehr Gewinn abgeworfen.« Sie öffnete den Deckel des Ordners und zeigte energisch mit dem Finger auf die Kontoaufstellung, die ihr recht gab. »Wir bezahlen rechtzeitig unsere Steuern und unterstützen die Gemeindeaktivitäten auf dem Markplatz. Sie haben kein Recht, mir meine Bäckerei wegzunehmen.« »Es bezweifelt ja niemand Ihre Fähigkeiten, Miss Kemp«, sagte der Bürgermeister, während er um den Tisch herumkam. Seine Stimme war ruhig, das Lächeln freundlich, vielleicht ein wenig herablassend. Abigail fühlte sich wie ein verwundeter Hirsch, der einem Rudel Wölfe gegenüberstand. Sie richtete sich auf, warf die Schultern zurück und streckte ihre nur einen Meter sechzig große Statur so gut wie möglich. Doch Chester Longfellow hatte keine Fänge. Und er ging ihr auch nicht an die Kehle. Er schloss einfach den Deckel ihres Ordners und legte ihn auf die anderen Dokumente, die sie mitgebracht hatte, um den Einspruch der Ältesten zu bekräftigen. »So ist nun einmal die Gesetzeslage, Miss Kemp.« Er hielt ihr die Unterlagen entgegen. »Wir haben Richter Hardcastle zu Rate gezogen und er hat uns beigepflichtet. Den Gesetzen muss Rechnung getragen werden.« Abigail machte keine Anstalten, ihm ihre Dokumente abzunehmen. Das zu tun, wäre ein Eingeständnis ihrer Niederlage gewesen. Aber sie war noch nicht fertig mit ihrem Kampf. Es ging um nichts Geringeres als ihre Lebensgrundlage. Wenn sie die Bäckerei verlor, würde sie nicht mehr für sich und ihre Schwester sorgen können. Außerdem war das Geschäft das Familienerbe. Ihr Erbe. »Diese Gesetze hätten schon vor Jahren, ach was, Jahrzehnten geändert werden müssen. Es ist einfach lächerlich, dass es einer Frau verboten ist, in der Stadt ein Geschäft zu besitzen. Es gibt Dutzende Frauen, die hier erfolgreich einen Laden führen. Dora Pattesons Hutmacherei. Judith Kells Wäscherei. Norma Wilsons Schneiderei ...« »Ja, das ist uns bewusst«, unterbrach sie Bürgermeister Longfellow. »Diesen Punkt haben Sie ja bereits vorgetragen, Miss Kemp, und uns jetzt wieder damit zu behelligen, wird Sie auch nicht weiterbringen. Die Damen, die Sie erwähnt haben, haben Ihre Geschäftsräume alle von männlichen Eigentümern gemietet. Sie besitzen die Grundstücke also nicht. Als Sie die Bäckerei nach dem Tod Ihres Vaters geerbt haben, wurden Sie zur Eigentümerin und haben damit in den letzten Monaten gegen die Gesetze dieser Stadt verstoßen. Wir haben Gnade vor Recht ergehen lassen, um Ihnen eine angemessene Trauerzeit zuzugestehen, doch von nun an kann es nicht so weitergehen.« Er streckte ihr ihre Unterlagen noch weiter entgegen, sodass er sie ihr fast vor den Bauch drückte. Da sie keine andere Wahl hatte, nahm sie ihm die Ordner ab und presste sie gegen die Brust, hob jedoch kämpferisch das Kinn. Sie würde nicht geschlagen ihren Kopf senken. Nicht heute. Niemals. Bürgermeister Longfellow schien nicht im Mindesten beeindruckt von ihrem Kampfeswillen. Sein ausdrucksloses Gesicht ließ erkennen, dass für ihn die Sache erledigt war. »Sie haben bis zum Ende des Monats Zeit, um entweder Ihren Besitz zu verkaufen oder einen solventen Bäcker zu finden, der als Partner in ihr Geschäft einsteigt.« Abigail biss die Zähne zusammen. Nein, sie hatte bis zum Ende des Monats Zeit, um sich eine dritte Möglichkeit zu überlegen, denn die anderen beiden waren absolut inakzeptabel. Zwei Wochen waren nicht viel Zeit, doch sie war es gewöhnt, unter Druck zu arbeiten. Sie würde einen Weg finden, dieses diskriminierende Gesetz zu umgehen. Diese biederen Stadträte wollten sie kleinhalten, doch wie ein gut vorbereiteter Brotteig würde sie größer werden und an dieser Herausforderung wachsen. Abigail rauschte aus dem Rathaus wie eine Dampflok. Auch ihr Gesicht musste ihre Gemütslage widergespiegelt haben, denn alle Fußgänger, denen sie begegnete, machten einen weiten Bogen um sie. Niemand sprach sie an oder winkte ihr auch nur zu. Niemand, außer der Person, die sie jetzt am allerwenigsten aushalten konnte. »Guten Tag, Miss Kemp.« Ein dünner Mann kam ihr entgegen, seinen Blick auf sie gerichtet, als wäre sie sein Ziel und nicht einfach eine zufällige Begegnung. Abigail knirschte mit den Zähnen. Ein Lächeln war ihr nicht möglich, aber sie brachte es immerhin fertig, dem Apotheker leicht mit dem Kopf zuzunicken. Schon als ihr Vater krank geworden war, hatte der Mann immer wieder versucht, die Kemps davon zu überzeugen, ihm ihr Grundstück zu verkaufen. »Mr Gerard.« Ihre Schritte verlangsamten sich nicht. Tatsächlich legte sie noch an Geschwindigkeit zu, als sie an ihm vorbeirauschte. Das war vielleicht nicht besonders höflich, aber sie hatte heute schon genug ertragen müssen, und sie fürchtete sich vor dem, was geschehen mochte, sollte Samson Gerard sie wieder mit seinem Angebot belästigen. Doch er schien sein Ziel furchtlos zu verfolgen, denn nachdem er sich an den Hut getippt hatte, machte er kehrt, folgte ihr und passte seine Schritte an die ihren an. Sein schrecklich langbeiniger Gang machte es ihr unmöglich, ihn loszuwerden, ohne zu rennen. »Ich habe mich gefragt, ob wir uns kurz unterhalten könnten«, sagte er. Abigail hielt den Blick auf die Straße vor sich gerichtet und tat alles in ihrer Macht Stehende, um ihn von diesem Gespräch abzuhalten. »Ich fürchte, jetzt ist gerade kein guter Zeitpunkt, Sir. Wie Sie sehen können, habe ich es eilig.« »Ja, Ihr Gang ist recht ähm forsch, aber ich glaube, ich kann Schritt halten. Meinetwegen müssen Sie nicht langsamer werden.« Jetzt wäre sie doch am liebsten losgerannt. Ja, sie würde sich lächerlich machen, aber dass Mr Gerard ihr dann noch folgen würde, wäre doch eher unwahrscheinlich. Leider brachte die tägliche Arbeit in der Bäckerei zwar starke Finger, Handgelenke und Arme mit sich, schwächte aber gleichzeitig Beine und Lunge. Schon jetzt konnte sie den Schweiß spüren, der sich auf ihrer Oberlippe sammelte, und ihr Brustkorb hob und senkte sich angestrengt. Doch je schneller sie die Bäckerei er…
