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Deutschland 1945: Ein blutjunger Soldat liegt schwer verwundet in einem Lazarett; eine ebenso junge Krankenschwester rettet mit äußerstem Einsatz sein Leben. Zeichen anrührender Menschlichkeit in der Zeit vollendeter Inhumanität. Ihre Wege verlieren sich bald in den Wirren des Nachkriegs und der politischen Neuordnungen. Die eine lebt in der DDR, der andere in der Bundesrepublik, schließlich in den USA. Deutschland ein halbes Jahrhundert später: Die beiden haben sich wieder gefunden und beginnen in einem transatlantischen Briefwechsel, sich ihre wechselvolle Geschichte zu erzählen. Deutsche Lebenswege im 20. Jahrhundert - ein unsentimentaler Erinnerungsbericht zweier Zeitzeugen.
Autorentext
Hannelore Grimm, geborene Lange, geb. 1924 in Magdeburg. Nach Abitur und anschließender Ausbildung Krankenschwester im Kriegseinsatz. Nach 1945 pädagogische Ausbildung und Fachlehrerprüfung für Musik. Arbeit als Musiklehrerin in Schulen. Nach 60 Jahren fand sie ihren letzten Patienten wieder, der heute in den USA lebt. Schrieb mit ihm gemeinsam dieses Buch. Lebt in Möser bei Magdeburg, ist verwitwet und hat drei Kinder. Prof. Dr. Armin Mruck, geb. 1925 in Osterode im ehemaligen Ostpreußen. Nach dem Abitur 1943 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges bei der Wehrmacht, an der Ostfront, mehrfach verwundet. Bei Kriegsende als Patient im Reservelazarett Lübeck, dort lernte er die Krankenschwester Hanneleore Lange (später verheiratete Grimm) kennen, die ihn pflegte. Studium von Geschichte, Englischer Philologie und Geographie in Marburg und Göttingen. Seit 1953 Dozent in den USA, seit 1967 an der Towson University, Maryland. Hauptforschungsgebiet ist der deutsche Anti-Hitler-Widerstand. Seit 1987 maßgeblich an der Gründung und Entwicklung der Partnerschaft der Towson University und der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg beteiligt. Lebt seit 1967 in Reisterstown in Maryland, USA. Ist verheiratet und hat drei Kinder.
Leseprobe
Zum Geleit Hannelore Grimm und Armin Mruck: Hier sind Zwei, in Ost und West, die nach vielen Jahren miteinander reden. Die wir ein halbes Jahrhundert lang in je eigenen Welten, östlich und westlich, einander fremd geworden, gelebt haben, sprechen wir noch über uns damals? Reicht es vielleicht gerade zur Erinnerung an die Häßlichkeit von Grenzkontrollen? Denn wissen wir nicht längst, was jeweils drüben wichtig gewesen ist, wie die Menschen dort wirklich gelebt haben? Vordergründig sei das, meinen und sagen andere. Aus solch falschem Denken seien die deutschen Stereotypen der Nachwendezeit Ossi und Wessi hervorgegangen, dieser, ein anmaßender Nichtwisser und falscher Freiheitsbringer, der jenem seine wirtschaftlichen Grundlagen platt gemacht habe. Die Zwei, die in diesem Buch und auch sonst miteinander reden, halten sich mit Vorwürfen dieser Art nicht auf, sie fechten sie nicht an. Das Sichausbreiten spezifisch ostdeutsch-westdeutschen Mißverstehens, vielleicht sogar dessen Überhandnehmen, und zugleich der Mangel an vernünftiger zwischenmenschlicher Verständigung über die tieferen Gründe des je eigenen (und anderen) Verhaltens, zumal der enttäuschten Erwartungen und Hoffnungen, hat offenbar Roman Herzog beunruhigt. Gewiß nicht nur ihn, aber gerade auch ihn, den gesamtdeutschen Bundespräsidenten. Wenn er auf die künftig zu bewältigenden politischen Problemberge seiner Deutschen blickte, auf die seiner Moderation guten Willens und vernünftigen Gemeinsinns anvertrauten Landsleute, die in nicht vorhersehbare heftige Konfrontationen geraten waren, mochte ihn ihre zuweilen schrille oder auch resignative Erbitterung mit großer Sorge erfüllen. Hin und wieder war nämlich aus der Publizistik zu hören, der Bundespräsident habe den Gedanken geäußert, wir nach Ost und West geteilt gewesenen Deutschen sollten (oder müßten) uns gegenseitig unsere Geschichten erzählen. Gemeint waren wohl die ganz persönlichen Erfahrungen, Politisches und Alltägliches aus unserer je eigenen Lebenswelt. Gerade dieses Geschichtliche in und an uns selbst könne erklären helfen, warum wir in deutschen Landen Ost und West so verschieden geprägt worden sind. Das Geschichtliche, das man hier nachlesen kann, liegt im Lebensweg der Hannelore Grimm und des Armin Mruck beschlossen. Sie gehören mit vielen anderen zu der großen, aber heute kaum noch wahrgenommenen Gruppe von Menschen, aus der nach dem epochalen Wendejahr so etwas wie ein Ossi oder ein Wessi nicht hervorgehen konnte. Aus guten und begreiflichen Gründen, an die hier erinnert sei. Für jene zahlreichen, aber nicht nachzählbaren Personen in Ost und West brach 1989/90 keinesfalls das Jahr Null ihrer gegenseitigen Zuwendung an, weder was ihre fortwährende Beschäftigung mit den politischen und menschlichen Problemen drüben jeweils jenseits der einschneidenden Grenze anging, noch was ihre immer wieder neuen Mühen um mögliche legale Besuchsreisen nach drüben zu Verwandten, Freunden, Kollegen, auch um Studienreisen, betraf, noch was sie bereit gemacht hatte zum Austausch vieler Briefe und anderer Post mit Partnern nach drüben. Aus vielen Informationen im einzelnen, die verglichen wurden und wiederum gegeneinander korrigierend wirkten, aber auch durch das Vermeiden von ideologischen Feindfixierungen, war für die Beteiligten dieses mitunter recht stillen Sichbegegnens über Jahre hinweg ein Mosaik realistischer Kenntnisgewinnung entstanden. Daher konnten die Lehrerin Hannelore Grimm, der ihr Staat Loyalität abverlangte, wie auch andere Bürger der DDR der Fehlwahrnehmung westdeutscher Wirklichkeit durch bloße Fernsehinformationen von drüben entgehen. Im Kalten Krieg und in den vielerlei Ost-West-Konflikten besonnen und sensibel geblieben zu sein, zeichnete sie und ihresgleichen aus. Hingegen bewegt bis dramatisch, aber nicht weniger klug und bedachtsam, ging es bei dem deutschen Neuamerikaner und Transatlantiker Armin Mruck zu, wenn er seine amerikanischen Studenten nach Ostberlin lotste und ihnen dort, auch unterstützt von Verwandten Bürgern der DDR , zu unerwarteten Nah- und Fernsichten verhalf. Der Hochschullehrer arbeitete nebenher für Internationes, fand noch Zeit zum Aufbau einer Universitätspartnerschaft von Maryland zum Oldenburger Land und richtete seinen Blick weiter östlich über die DDR hinaus zu künftigen polnischen Europanachbarn in seiner altpreußischen Heimat. Als in dem hier so bezeichneten epochalen Wendejahr die revolutionäre Erschütterung der DDR begann und mit dem Wiedervereinigungsprozeß sich dort rasch eine Veränderung aller Lebensverhältnisse mit bisher nicht gekannter Arbeitslosigkeit ausbreitete, zeigten sich nach und nach seelische Verwerfungen, in Ost aber auch in West, die trotz erfolgreicher, nunmehr gesamtdeutscher Außenpolitik andauernde Störungen vernünftiger innerdeutscher Verständigung zur Folge hatten. Diesen versuchte Roman Herzog zu wehren. Doch wir können nun deutlicher sehen, daß er hierbei nicht wenige Verbündete besaß. Nur eben laut artikulierten sie sich nicht. Eher leise gegenüber denen, die sich in Jahrzehnten um die menschlichen Probleme der Teilung Europas nicht sonderlich geschert hatten und jetzt deren Folgen im Wiedervereinigungsprozeß eher ignorant, besserwisserisch oder auch als schreckliche Vereinfacher kommentierten. Merkwürdig, daß ihr Erscheinungsbild in Ost und West sich auffallend ähnlich war. Die leisen Verbündeten Roman Herzogs bedurften seiner Ermunterung nicht. Ihrer geschichtlich geprägten Schicksale sind sie immer wieder in ihren Begegnungen innegeworden. Bestenfalls hatten sie sich davon auch erzählen können. Hannelore Grimm und Armin Mruck stehen beispielhaft für diese große, weitestgehend namenlos bleibende Menschengruppe aus fünf unverwechselbaren Jahrzehnten deutscher und europäischer Geschichte. Sie sind, darf man sagen, gleichwohl Beispiele, da sie, lebenszeitlich betrachtet, ihr persönliches Gespräch erst nach sehr langer Unterbrechung wieder aufnehmen konnten. Freilich war nach immer…