Tiefpreis
CHF76.00
Print on Demand - Exemplar wird für Sie besorgt.
Guido Thiemeyer zeigt am Beispiel von vier europäischen Staaten (Großbritannien, Frankreich, Deutsches Reich und Italien) sowie für die USA, wie sich zwischen 1865 und 1900 ein internationales Währungssystem entwickelte.
Mit dem klassischen "Konzert der Mächte" war dieses System nicht deckungsgleich. Modern denkende Außenpolitiker wie Bismarck und Napoleon III. versuchten dennoch das Währungssystem für machtpolitische Zwecke zu nutzen, wurden aber zugleich durch strukturelle Abhängigkeiten in ihrer politischen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt. Internationale Politik wurde komplizierter und unberechenbarer - ein wichtiger Grund für die Krise des internationalen Staatensystems vor dem Ersten Weltkrieg.
Autorentext
Guido Thiemeyer, geboren 1967, ist Hochschuldozent für Neuere Geschichte an der Universität Kassel.
Klappentext
"Internationale Geschichte" stellt eine zentrale Dimension der Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts dar. Sie umfasst Beziehungen zwischen den Staaten und Gesellschaften ebenso wie Prozesse ihrer Vernetzung und wechselseitigen Durchdringung im Zeichen beschleunigter Kommunikation und wachsender Interdependenz. Die Studien zur Internationalen Geschichte wollen das Verständnis der internationalen Dimension von Geschichte fördern. Sie greifen auf, was die systematischen Sozialwissenschaften zur Erklärung der internationalen Beziehungen bereitstellen, und tragen mit empirisch dichten Untersuchungen zur Präzisierung theoretischer Einsichten bei. Die Studien zur Internationalen Geschichte werden herausgegeben von Eckart Conze, Julia Angster, Simone Derix, Marc Frey, Kiran Klaus Patel und Johannes Paulmann.
Zusammenfassung
"Thiemeyer legt mit seiner Arbeit eine interessante Studie zur Währungs- und Wirtschaftspolitik in Europa und den USA in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor. Es gelingt ihm dabei, plausibel die Schnittstellen zwischen Wirtschaft und Politik, zwischen währungspolitischen Debatte und Diplomatie aufzuzeigen." Harald Wixforth in: H-Soz-u-Kult 2009 "Die Monografie besticht durch eine sehr umfangreich angelegte und gründlich durchgeführte Auswertung der Quellen", "kann (...) wärmstens empfohlen werden. Es handelt sich um eine in sich geschlossene und elegant geschriebene Darstellung, an der (WWirtschafts-) Historiker und Politologen gleichermaßen Interesse finden werden." Matthias Morys, Bankhistorisches Archiv 1 (2009) 35. Jg. "Die Monografie besticht durch eine sehr umfangreich angelegte und gründlich durchgeführte Auswertung der Quellen", "Es handelt sich um eine in sich geschlossene und elegant geschriebene Darstellung, an der (Wirtschafts-)Historiker und Politologen gleichermaßen Interesse finden werden." Matthias Morys, Bankhistorisches Archiv, 1/ 2009, 35. Jg., 2009 "Thiemeyer hat eine überaus anregende Studien vorgelegt, die angesichts der gegenwärtigen Währungskrise zusätzliche Aktualität erlangt." Werner Bührer, Historisch-Politisches Buch, 58. Jg., 2010, Heft 1
Leseprobe
II. Die Gründung der Lateinischen Münzunion (S. 21)
Die Lateinische Münzunion vom 13. Dezember 1865 war bis zum Juli 1914 ein Eckpfeiler der internationalen Währungspolitik. Das lag zum einen daran, dass sie mit Frankreich, Belgien, Italien, der Schweiz und (ab 1868) Griechenland immerhin fünf europäische Staaten, darunter zwei Großmächte, umfasste.
Andererseits beruhte diese Währungsunion auf dem Prinzip des Bimetallismus und verkörperte damit exemplarisch eine der wichtigsten Währungstheorien jener Zeit. Erfolge und Probleme dieses Währungsbündnisses wurden daher in der politischen und ökonomischen Öffentlichkeit leidenschaftlich diskutiert, die Lateinische Münzunion polarisierte die Diskussion, sie bildete lange Zeit den bimetallistischen Gegenpol zum monometallistischen Goldstandard, und das sicherte ihr die permanente Aufmerksamkeit der Fachwelt.
Zugleich hatte die Lateinische Münzunion aber auch eine politische Bedeutung: Die Währungsunion, so lautet die im Folgenden zu belegende Ausgangsthese, war ein Symptom für den tiefgreifenden Wandel, der das europäische Staatensystem in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts erfasste.
Die Kernelemente der alten Wiener Ordnung von 1815, die Solidarität der Kabinette, die Trennung von europäischer und kolonialer Welt, die Sicherheit der Partner durch wechselseitige Befriedigung ihrer Ansprüche traten langsam in den Hintergrund und wurden durch neue Strukturen abgelöst.
Das Staatensystem weitete sich ins Globale aus, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kräfte beeinflussten außenpolitische Entscheidungen. Insgesamt lösten sich die Grenzen zwischen Innen-, Außen- und Wirtschaftspolitik auf, alle drei Bereiche verflossen ineinander. Die Gründung der Lateinischen Münzunion war ein frühes Beispiel für diesen Prozess.
Die Verfassung der Münzunion beruhte im Kern auf dem am 23. März 1803 (7 germinal XI, daher die Bezeichnung "Franc Germinal") verabschiedeten französischen Münzgesetz, das den Wert des Franc nach der Zerstörung der Währung durch die Revolution neu definierte.
Die mit diesem Gesetz eingeleitete Währungsreform schuf eine stabile französische Valuta, die mehrere Kriege, Revolutionen und zwei Kriegsentschädigungen größeren Ausmaßes, insgesamt über hundert Jahre, überlebte. Der Franc Germinal war damals eine moderne Währung, er beruhte auf dem Dezimalsystem, was den Handel sehr erleichterte, und er beendete die dem Ancien Régime entstammende Teilung zwischen monnaie de compte und monnaie de paiement.
Vor allem aber wurde die neue Währung durch einen Gegenwert in Edelmetallen festgelegt: fünf Gramm Silber, 9/10 Feingehalt, definierten die Währungseinheit Franc. Zugleich wurden 20- Franc- Stücke in Gold ausgegeben. Hieraus entstand die Relation zwischen Gold und Silber von 1:15,5, die ihre Gültigkeit bis in die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts behalten sollte und auch zur Grundlage für die Lateinische Münzunion wurde.
Die Bedeutung des Gesetzes lag jedoch nicht nur darin, dass es die für die nächsten hundert Jahre gültige Relation zwischen Gold und Silber festlegte, viel wichtiger war, dass es den für die Währungspolitik des 19. Jahrhunderts prägenden Gedanken kodifizierte: Geld erhält seinen Wert nur durch die Deckung durch ein Edelmetall. Die durch die Assignaten-Währung während der Revolution ausgelöste Katastrophe schien diesen Grundsatz zu bestätigen, er sollte erst in der Mitte des
Inhalt
1;Inhalt;6
2;I. Einführung;9
2.1;Methodisch-theoretische Prämissen: Geschichts- und Sozialwissen-schaften;12
2.2;Internationale Geschichte und ihre Quellen;19
3;II. Die Gründung der Lateinischen Münzunion;22
3.1;1. Eine De-facto-Währungsunion und ihre Probleme;22
3.2;2. Die Gründungskonferenz zwischen Belgien, Frankreich, Italien und der Schweiz im November/ Dezember 1865;29
3.3;3. Französische Planungen für die Ausweitung der Lateinischen Münzunion und ihr Hintergrund;37
3.4;4. Verhandlungen mit Preuflen;41
3.5;5. Die internationale Währungskonferenz im Sommer 1867;44
3.6;6. Der Beitritt Griechenlands zur Lateinischen Münzunion und die Verhandlungen mit Österreich- Ungarn und dem Heiligen Stuhl;47
3.7;7. Der Franc als Ankerwährung unter Vorbehalt: Die skandinavische Währungspolitik;53
3.8;8. Systematisierung: Die Lateinische Münzunion zwischen Ökono-mie und Politik;55
4;III. Une Révolution Monétaire Générale" in Europa: Die deutsche Währungsreform 1871-73 und ihre Konsequenzen;62
4.1;1. Die Entstehung des internationalen Goldstandards: Interpretationsmuster;62
4.2;2. Das Deutsche Reich als währungspolitisches Zentrum Europas;67
4.3;3. Der Übergang der Lateinischen Münzunion zum Goldstandard;79
4.4;4. Die Entscheidung für den Goldstandard im Deutschen Reich;83
4.5;5. Systemati…