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Der nachhaltige Umgang mit Geld gilt als Schlüsselkompetenz und als kulturelle Technik. Birgit Happel betrachtet die Themen Geld und Lebensgeschichte aus einer biografieanalytischen Perspektive. Sie zeichnet ein differenziertes Bild übergeordneter Werte des täglichen ökonomischen Handelns und begreift den Umgang mit Geld als ein relevantes Kriterium biografischer Weichenstellungen. Die Untersuchung stellt zudem Divergenzen zwischen monetären Anforderungs- und Möglichkeitsstrukturen auf den Prüfstand, die in besonderer Weise von Armut gefährdete Gruppen treffen.
»Die Dissertation von Birgit Happel ist erhellend, innovativ und lesenswert.« Soziologische Revue, 2020, 43(1) »Als Dissertationsschrift ist die Studie sprachlich, theoretisch und methodisch anspruchsvoll, und richtet sich somit vorrangig an ein wissenschaftliches Publikum. Doch gerade in der Fallstudie werden Praktiker_innen typische Thematisierungen entdecken.« Dr. Kerstin Herzog, BAG-SB Informationen, 3_2021
Autorentext
Birgit Happel, Dr. phil., ist Soziologin und arbeitet als freie Referentin für Wirtschaftsbildung und Biografiearbeit.
Klappentext
Der nachhaltige Umgang mit Geld gilt als Schlüsselkompetenz und als kulturelle Technik. Birgit Happel betrachtet die Themen Geld und Lebensgeschichte aus einer biografieanalytischen Perspektive. Sie zeichnet ein differenziertes Bild übergeordneter Werte des täglichen ökonomischen Handelns und begreift den Umgang mit Geld als ein relevantes Kriterium biografischer Weichenstellungen. Die Untersuchung stellt zudem Divergenzen zwischen monetären Anforderungs- und Möglichkeitsstrukturen auf den Prüfstand, die in besonderer Weise von Armut gefährdete Gruppen treffen.
Leseprobe
Vorwort Moderne Gesellschaften stehen vor sozialen, ökologischen und politischen Herausforderungen, die periodisch von ökonomischen Krisen begleitet sind, oder durch diese hervorgerufen werden. Jene werfen nicht nur Fragen im Hinblick auf die Gestaltung der öffentlichen Haushalte, sondern auch der privaten Finanzen auf. In Deutschland sind diese Fragen eng verwoben mit makroökonomischen und steuerungspolitischen Implikationen einer alternden Gesellschaft - sie demonstrieren die komplexen Wechselwirkungen zwischen der strukturellen Einbettung von Akteuren in Gesellschafts- und Marktordnungen und deren Raum zur individuellen wie autonomen Gestaltung von Lebensentwürfen. Regulierung und eigenverantwortliche Absicherung - etwa im Bereich der Altersvorsorge - sollen das Aufrechterhalten der sozialen Sicherungssysteme gewährleisten. Indessen verlaufen Prozesse der Übertragung von Eigenverantwortung auf der Achse sozialer Ungleichheiten und berühren Kernfragen flexibilisierter Arbeits- und Lebensverhältnisse. Im Zusammenhang mit der Ausweitung des Niedriglohnsektors ergeben sich gesellschaftlich prekäre Konstellationen: Denn wie kann es Bürger/innen in angespannter wirtschaftlicher Lage gelingen, neben ihrer derzeitigen Existenz auch die finanzielle Zukunft hinreichend abzusichern? Zur gleichen Zeit bringt die als Krisenantwort verfolgte expansive Geld- wie historische Niedrigzinspolitik der Zentralbanken nicht nur gesamtgesellschaftliche Umverteilungseffekte hervor, sondern birgt Risiken in Bezug auf Veränderungen der Spar-, Anlage- und Kreditkultur, die nicht zuletzt wiederum auf die Ebene der Altersversorgung zurückwirken. Im Rahmen der vorliegenden soziologischen Forschungsarbeit wird der Blick auf die biografischen Hintergründe des persönlichen Umgangs mit Geld gelenkt. Wie Geld individuell definiert und verwendet wird, ist soziokulturell und sozioökonomisch begründet und auf lebensgeschichtliche Bedingungen zurückzuführen. Das monetäre Alltagshandeln evolviert aus kulturell und individuell verankerten Wissensbeständen und Sinndeutungen und umfasst das persönliche Konsum- und Haushaltsverhalten ebenso wie Vorsorgestrategien und den Umgang mit komplexen Finanzdienstleistungen; gleichzeitig tangiert es wirtschafts- und finanzethische Aspekte. In der biografieanalytischen Untersuchung werden monetäre Handlungsmuster als Geldpraxen rekonstruiert, um ihren symbolischen Sinn zu heben und sie auf der Ebene der Lebensführung im Hinblick auf zunehmend komplexere alltagsökonomische Anforderungen zu verorten. Besondere Beachtung wird dabei den Lebens- und Prekaritätsrisiken beigemessen, da Lebensübergänge und kritische Lebenssituationen oftmals eine Adaption des Umgangs mit Geld bedingen. Der facettenreiche tiefgreifende Wandel von Haushalts- und Lebens-formen bildet sich in pluralisierten Lebens- und Erwerbsverläufen ab - etwa in zunehmend kleineren Haushalten, Patchwork- und transnationalen Familien, steigenden Zahlen von Alleinerziehenden sowie atypischen oder niedrig entlohnten Beschäftigungsverhältnissen. Vor allem für gering Qualifizierte ist die Arbeitsmarktlage trotz der im europäischen Vergleich sehr niedrigen Arbeitslosigkeit in Deutschland ungünstig (vgl. OECD 2013a; 2014a). Biografische Diskontinuitäten wie Erwerbsunterbrechungen, Trennung oder Krankheit verändern nicht nur soziale Lebenssituationen, sondern können einschneidende monetäre Veränderungen mit sich führen. Nach Ansicht des Sozialwissenschaftlers Stefan Hummelsheim (2010: 2) erfordern diese Entwicklungen "einen heute immer häufigeren Abgleich der eigenen Lebens- bzw. Finanzsituation". Auch der Haushalts- und Konsumökonom Michael-Burkhard Piorkowsky und die Haushaltswissenschaftlerin Birgit Bürkin (2011: 15) verweisen in einem Schufa-Beitrag zum Wandel der Alltags- und Lebensökonomie auf die wachsenden "Anforderungen an die Fähigkeiten jedes Einzelnen zur Gestaltung der individuellen Lebenslage". Diese Schufa-Analyse des Finanzmanagements in Privathaushalten skizziert den Umgang mit Geld als Spiegel der Zeit und konstatiert, dass "immer mehr Haushalte [] eingeschränkte finanzielle Möglichkeiten" verzeichnen (Schufa-Kredit-Kompass 2011: 6). Gestiegene individuelle Verantwortlichkeiten resultieren vor allem aus dem partiellen Rückzug des Staates aus den Bereichen Gesundheit, Alter und Berufsunfähigkeit. Um Lebensrisiken wie -krisen monetär abzufedern respektive einer Unterversorgung im Alter entgegenzusteuern, können sich insbesondere die Jahre in der Erziehungs- wie Pflegeverantwortung zu einer genuin monetären Rushhour des Lebens entwickeln. Wie im Ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung hervorgehoben, ist neben der Zunahme atypischer Erwerbsformen eine ansteigende Fragmentierung "auch [der] Erwerbsverläufe von Männern" (BMFSFJ 2011: 109) zu verzeichnen; entsprechend erhöht sich das finanzielle Risikopotenzial von Familien und werden mehr Frauen zu Familienernährerinnen. Unterdessen sind die Erwerbsbiografien von Frauen noch immer von verminderten Partizipations- und Entfaltungschancen geprägt, wie der Zweite Gleichstellungsbericht hervorkehrt (BMFSFJ 2017). Frauen tragen durch ihre überproportionale (oft unfreiwillige) Präsenz im Teilzeit- und Niedriglohnbereich höhere finanzielle Risiken, während ihre finanzielle Autonomie weiterhin durch Einkommens- und/oder Aufstiegsdiskriminierung gefährdet ist. Doch steht im Zuge der Umstrukturierung der Wohlfahrtssysteme nicht nur die Bevölkerungsgruppe der Frauen, sondern auch die der Jugendlichen vor besonderen Herausforderungen. Hurrelmann und Karch (2013: 23) betrachten die "Bewältigung der Zukunftssicherung durch souveränes Wirtschaften und Finanzieren" als eine "alterstypische Entwicklungsaufgabe" von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Das Untersuchungsfeld der vorliegenden Studie reicht von individuellen monetären Handlungsmustern bis zu sozialstrukturell bedingten finanzwirtschaftlichen Erfordernissen der Anpassung an das moderne Wirtschaftsleben. Das Kernstück der Forschung bilden die Lebensgeschichten meiner Interviewpartnerinnen und Interviewpartner, denen mein herzlicher und ausdrücklicher Dank für ihre Gesprächsbe…