Die gegenwartige arbeitspsychologische Forschung zielt in einem gro~en Teil auf praktisch anwendbare Strategien zur Erh6hung der Arbeitsmotivation, wodurch dann eine produktivere oder effektivere Arbeit, ein hCiherer output etc. erreicht werden kann. Abgesehen davon, da~ so die Arbeitspsychologie - mehr gewollt als ungewollt - im Interessengegensatz von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sich flir die Arbeitgeberinteressen instrumentalisieren la~t (vgl. Valpert 1975), gibt sie mit diesem pragmatischen Vorgehen den Anspruch auf, den Gegenstand "Arbeitsmoti vation" wissenschaftlich zu erfassen. Von einigen Ausnahmen abgesehen erscheint es so, als wlirden aus der betrieblichen Praxis entwickelte Techniken der Arbeitsin tensivierung durch Motivationserh6hung verallgemeinert und mit Elementen psy chologischer Theorien untermauert, bis der nachste praktische und effektive Vor schlag auftaucht, dem ebenfalls wieder nachtraglich eine wissenschaftliche Fundie rung unterlegt wird. Uns geht es in diesem Buch darum aufzuzeigen, da~ ein soIches Vorgehen kein wissenschaftliches Erfassen des Gegenstands "Arbeitsmotivation" ermCiglicht. Auf diese Weise k6nnen eventuell kurzfristige Intensivierungserfolge erzielt werden; ein Verstandnis der sehr widersprUchlichen Arbeitsmotivation und eine langfristige Perspektive, die diesen WidersprUchen auf der technologischen und Cikonomischen Seite des Arbeitsprozesses wie auf der Seite der PersCinlichkeitsentwicklung (u.a. Qualifikation und Arbeitserziehung) Rechnung tragt, ist so nicht zu erreichen. Wir gehen davon aus, da~ psychische Erscheinungen nur vollstandig erfa~t wer den k6nnen, wenn sie in ihrer Entwicklung betrachtet we:·den (und zwar in ihrer Entwicklung auf verschiedenen Ebenen, die in Abschn. 3 naher dargestellt werden).
Inhalt
I Probleme der Entstehung der Arbeitsmotivation.- 1. Einleitung.- 2. Grundkonzepte der Arbeitsmotivation.- 2.1. Alltagsansichten über Arbeitsmotivation.- 2.2. Gegenständliche Tätigkeit und Arbeit.- 2.3. Arbeitsmotivation und Motivierung zur Arbeitstätigkeit.- 2.4. Theorien der Arbeitsmotivation.- 3. Entwicklungsebenen der Arbeitsmotivation.- 4. Phylogenetische Aspekte der Entstehung von Arbeit und Arbeitsmotivation.- 4.1. Problematik der Anwendung des Arbeitsbegriffs auf phylogenetische Entwicklungsreihen.- 4.2. Motivationsbegriffe in Ethologie und Psychologie.- 4.3. Explorationsverhalten und manipulatorische Aktivität.- 4.4. Bedarf nach Umweltkontrolle und produktive Bedürfnisse.- 5. Die Entwicklung gesellschaftlich-historischer Bedingungen der Arbeitsmotivation.- 5.1. Methodische Vorüberlegungen.- 5.1.1. Motiv und Motivation.- 5.1.2 Die Entwicklung von Produktionsverhältnissen und Produktivkräften als Determinanten der Arbeitsmotivation.- 5.1.3. Mögliche Informationsquellen zur Entwicklung der Arbeitsmotivation.- 5.2. Zu formationsspezifischen Bedingungen der Arbeitsmotivation.- 5.2.1. Urgesellschaft.- 5.2.2. Sklavenhaltergesellschaft.- 5.2.3. Feudalismus.- 5.2.4. Kapitalismus.- 5.2.5. Sozialismus.- 6. Ontogenetische Entwicklungsbedingungen der Arbeitsmotivation.- 6.1. Entwicklungsbedingungen der Arbeitsmotivation in der vorschulischen Sozialisation.- 6.1.1. Verhältnis von Spiel und Arbeit.- 6.1.2. Spiel als Aneignungsform.- 6.1.3. Kindliche Arbeit.- 6.1.4. Übernahme von Arbeitseinstellungen durch Kinder.- 6.2. Entwicklungsbedingungen der Arbeitsmotivation in der schulischen Sozialisation.- 6.2.1. Lernen und Arbeit.- 6.2.2. Lernmotive.- 6.2.3. Die Tätigkeit des Schülers.- 6.2.4. Informationen der Schüler über berufliche Arbeit.- 6.2.4.1. Zur historischen Entwicklung der schulischen Arbeitserziehung.- 6.2.4.2. Arbeitslehre als eine heutige Form schulischer Arbeitserziehung.- 6.2.4.3. Die Entwicklung von Arbeitseinstellungen durch unsystematische Information.- 6.2.5. Berufswahl als inhaltliche Konkretisierung der Arbeitsmotivation.- 6.3. Entwicklungsbedingungen der Arbeitsmotivation während der Berufstätigkeit.- 6.4. Schlußfolgerungen.- 7. Aktuelle Bedingungen der Motivation zur Arbeitstätigkeit.- 7.1. Die Stock-oder-Möhre-Theorie und ihre Grenzen.- 7.2. Ükonomische, intrinsische und soziale Motivation.- 7.3. Maslows Bedürfnishierarchie.- 7.4. Die hierarchische Struktur der Komponenten der Arbeits-motivation.- 8. Schlußbemerkung.- II Einzelbeiträge.- 1. Werkzeugverhalten bei Tieren aus ethologischer Sicht.- 1. Einige Unbestimmtheiten des Begriffs Werkzeugverhalten in der Ethologie und Tierpsychologie.- 2. Untersuchungsebenen des Werkzeugverhaltens bei Tieren.- 2.1. Beobachtungen instinktiven Werkzeugverhaltens unter natürlichen Lebensbedingungen.- 2.2. Experimentelles Werkzeugverhalten bei Tieren.- 2.3. Paläoanthropologische Werkzeugfunde.- 3. Die Evolution des Werkzeugverhaltens.- 3.1. Spezialisierungen des Körperbaues als biologische Werkzeuge.- 3.2. Die Instrumentalisierung von Körperausscheidungen und lebende Werkzeuge.- 3.3. Die motivationalen Grundlagen instinktiven Werkzeugverhaltens.- 3.4. Klassifikationsprinzipien des Werkzeugverhaltens.- 4. Die Grenzen des Tier-Mensch-Vergleichs innerhalb des Werkzeugverhaltens.- 2. Produktion und Motivation Historische Entwicklung der Bedürfnisse und Haltungen der Arbeitenden im Spiegel industriepsychologischer Forschung und betrieblicher Motivierungspraktiken.- 1. Produktionsmittel und Arbeitskräfte im Kapital-Lohnarbeit-Verhältnis.- 2. Widersprechende Interessen der Arbeitskräfte und des Kapitals.- 3. Die Wissenschaft des Kapitals formuliert das Motivationsproblem.- 4. Historischer Wandel geforderter und erwünschter Tugenden und Haltungen der Lohnarbeiter.- 5. Theorien zum Problem der Motivierung des Lohnarbeiters.- 6. Historische Formen und Phasen der industriepsychologischen und -soziologischen Entwicklung von positiven Haltungen im Lohnarbeit-Kapital-Widerspruch.- 7. Taylorismus und Arbeitsmotivation.- 8. Human Factor Industrial Psychology.- 9. Human Relations.- 10. Sozio-technische Systeme.- 11. Organisationspsychologie und humanistische Psychologie.- 12. Sozialhistorische Bedeutung und sozialpsychologischer Gehalt der Entwicklung der Motivierungsweisen der Lohnarbeiter.- 3. Auswirkungen von Spiel und Lernen auf die Entwicklung der Motivation zur gesellschaftlichen Arbeit.- 1. Die gegenwärtige Krise Erscheinungsformen und Ursachen.- 2. Ergebnisorientierte und kooperative Tätigkeit Aspekte der Kontrolle der eigenen Lebensumstände.- 3. Zur Entwicklung kindlicher Tätigkeitsformen.- 4. Arbeit, vorschulische Sozialisation und Spiel.- 5. Schulische Sozialisation: intentionales Lernen und die Problematik der Zensuren.- 6. Konsequenzen: Zusammenfassung und Alternativen.- 6.1. Statt sich versorgen zu lassen, können Kinder ihre Versorgung selbst planen und durchführen.- 6.2. Anleitung zu produktorientierter, kooperativer Tätigkeit statt sich beschäftigen zu lassen.- 6.3. Konfrontation mit produzierter Umwelt, Produktionsprozessen und Erfahrungen der Produktionsverhältnisse.- 6.4. Analyse der Sozialisationsinstitutionen im Zusammenhang mit dem Produktionsbereich.- 4. Leistungsmotivation und Arbeitsmotivation.- 1. Fragestellung.- 2. Die Modelle und der Widerspruch zwischen ihnen.- 3. Die Definition von Valenz und Erfolg in beiden Modellen.- 4. Leistungsmotiv und Aufgabenanforderung.- 5. Das Leistungsmotiv und seine gesellschaftlichen und subjektiven Voraussetzungen.- 6. VIE-Modelle.- 7. Leistungsmotiv und Arbeitsmotiv.- 8. Befriedigung von Bedürfnissen und ihre Weiterentwicklung.- 9. Individuelle Motivation und gesellschaftliche Arbeitsteilung.- 10. Die Funktion der Schule für die Entwicklung der Motivation.- 5. Wirtschaftliche Verhaltenssteuerung.- 1. Die Verstärkung von Verhalten mit Geld.- 2. Verstärkungspläne von Lohnsystemen.- 3. Der wirtschaftliche Wert der Arbeit.- 4. Kaufen und Verkaufen.- 5. Die Volkswirtschaftslehre.- 6. Die wirtschaftliche Instanz.- 7. Gegenkontrolle.