

Beschreibung
Wovon handelt dieses Buch? Zuerst beschreibt die Autorin ausführlich die Entstehung und Eigenschaften des Humus. Dabei verwendet sie einen umfassenden Humusbegriff (Humus: lat. Erde, Erdboden). In Annie Francé-Harrars Auffassung ist Humus also eher als Mutterb...Wovon handelt dieses Buch? Zuerst beschreibt die Autorin ausführlich die Entstehung und Eigenschaften des Humus. Dabei verwendet sie einen umfassenden Humusbegriff (Humus: lat. Erde, Erdboden). In Annie Francé-Harrars Auffassung ist Humus also eher als Mutterboden anzusprechen und geht über die heute von der wissenschaftlichen Bodenkunde als Humus bezeichnete organische Substanz im Boden hinaus. Weitere Kapitel des Buches behandeln den Um- und Abbau der organischen Substanz und ihre mikrobiologischen Aspekte sowie Zerstörung des Humus durch die Tätigkeit des Menschen. Dabei geht sie u. a. ausführlich auf die Zerstörungsprozesse ein, welche den Niedergang Roms und anderer Hochkulturen besiegelten. Das Entwicklungsstadium unserer Zivilisation ist in manchem mit dem des späten Römischen Reiches vergleichbar. Es treten neben verheerenden Folgen auf Wasserhaushalt und Klima soziale Ungleichgewichte und weltweite Spannungen auf. Rom hatte als Ackerbauernstaat angefangen, der seine Lebensgrundlage pflegte, und endete als sklavenhaltender Kapitalismus, der an der Grundlage allen menschlichen Seins der hauchdünnen humushaltigen Bodenschicht Raubbau betrieb. Weiterhin beschäftigt sich das Buch eingehend mit der Lebensgrundlage Wald. Die Funktionen und Vorraussetzungen des Waldes als Humusproduzent, Wasserspeicher und Wasserfilter werden ausführlich beschrieben. Ebenso wird aufgezeigt, wie wichtig das Ökosystem Wald ist, zugleich historische Zusammenhänge einer gesunden Gesellschaft und eines gesunden Waldes und welche Folgen wir zu erwarten haben, wenn dieser vernachlässigt oder gar zerstört wird. Nicht umsonst wurden Großteile der Wälder, wie im alten Griechenland als Naturheiligtümer behandelt, so die Autorin. Anderseits sind bedeutende Imperien untergegangen, weil sie die Aufgaben des Ökosystems Wald nicht respektierten. Den Abschluss des Buches bildet die Beschreibung der damals bekannten Maßnahmen gegen Bodenerosion und Humusschwund. Dabei betont Annie Francé-Harrar nicht zuletzt die Notwendigkeit einer Humusgewinnung aus Abfällen ein bis heute nicht wirklich gelöstes Problem und fordert als gemeinsame Anstrengung der Menschheit eine Weltorganisation der Humusproduktion. Die Letzte Chance für eine Zukunft ohne Not ist aufgrund der umfassenden Darstellung natürlicher Vorgänge und ihrer Wechselwirkungen mit vom Menschen ausgelösten Prozessen (insbesondere in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft, Biologie, Geologie) ein gutes Beispiel ganzheitlichen transdiszplinären Denkens. Durch die Verknüpfung der durch die Land- und Forstwirtschaft hervorgerufenen Umweltentwicklungen mit historischen Ereignissen, wie dem Aufstieg und Fall von Hochkulturen ist dieses Buch auch als ein frühes Werk der Umweltgeschichte anzusehen, die heute eine eigenständige Disziplin der Geschichtswissenschaften bildet.
Leseprobe
Vorwort der Autorin Bücher werden nicht immer von Menschen geschrieben. Es ereignet sich gar nicht so selten, daß der Mensch nur die schreibende Hand, den ordnenden Kopf leiht, während ein Buch in Wahrheit von den Verhältnissen geschrieben wird, die einen dringenden und unaufschiebbaren Umbau damit einleiten. Die Meinungsverschiedenheiten, die sich dann meist an solch ein Buch knüpfen, haben auf die Notwendigkeiten, aus denen es entstand, wenig Einfluß. Man bekämpft zwar den Umbau und die neue Einstellung, auf der er beruht, kann ihn aber nicht aufhalten eben, weil er im Zug allgemein neuer Erkenntnisse liegt. Als ich das Buch Die letzte Chance schrieb, hatte ich zuweilen den zwingenden Eindruck, auch bei ihm könne es sich um ein solches Werk han-deln, in welchem der Autor gänzlich unwichtig wird, weil die Wandlung der Dinge, denen es vorausgeht, von so außergewöhnlicher Wichtigkeit ist. Habe ich recht geahnt, so muß ich dieses Schicksal des vorliegenden Buches hin-nehmen. Möge meine Persönlichkeit ganz in seinem Schatten untertauchen, wenn nur das Licht der Einsicht, das diesen Schatten wirft, weiterbrennt! Die Ehrlichkeit gebietet mir, zu sagen, daß dieses Werk aus mehr als vierzigjähriger Arbeit entstand. Nicht ich allein habe diese Arbeit geleistet, wenn ich mich auch seit einem Menschenalter, soweit das in meinen Kräften stand, daran eifrig beteiligt habe. Der erste Anstoß zu diesem Komplex neuer Begriffe ist meinem verstorbenen Mann, Dr. h. c. Raoul H. Francé zu danken, der als erster im Jahre 1906 begann, die Lebewelt des Bodens zu erforschen, die er entdeckt hatte und unter dem Namen Edaphon (von edaphos, das im Boden Lebende) zusammenfaßte. Bis zu seinem Tode im Jahre 1943 wurde er nicht müde, sich teils durch Laboratoriumsuntersuchun¬gen, teils durch praktische Versuche, teils darstellerisch mit dem Humus¬gedanken zu beschäftigen. Seiner Arbeit und der seiner Schüler nicht nur am Biologischen Institut München, von denen wohl die meisten in den letz¬ten Jahren dahingegangen sind, sondern auch in den verschiedensten Ländern ist es hoch anzurechnen, daß ein so großes Material zustandekam, das ver-gleichend aus Böden aller fünf Kontinente gesammelt wurde. Immer größer wuchs dabei das Humusproblem auf, zu immer einschneidenderer Weltbedeutung. Die Gefahr des Humusschwundes, die Besorgnis wegen der konti-nentzerstörenden Erosion war längst in unserer Arbeitsgemeinschaft erkannt worden, ehe man in anderen Ländern auf sie aufmerksam wurde. In Wort und Schrift haben wir auf beides hingewiesen. Aber die Zeit, daß man darauf hörte, war wohl noch nicht reif gewesen. Es ist wahrscheinlich, daß man mir entgegenhalten wird, daß die Aera, in welcher der Mensch mit seiner Ernährung sich von der grünen Pflanze unab-hängig macht, nicht mehr ferne ist. Dieser Einwand besteht durchaus zu Recht. Wir werden es eines Tages ganz sicher lernen, aus Sonnenlicht und Luftgasen Eiweiß, Fett, Zucker und Stärke herzustellen. Nahrung wird dann keine Frage von Wichtigkeit mehr sein, denn sie wird einen so geringen valutarischen Wert haben, daß es in dieser Beziehung keinerlei Mangel mehr gibt. Das hat indes gar nichts mit der Bedeutung des Humus zu tun. Dessen Unentbehrlichkeit erstreckt sich auf weit Größeres. Denn ohne Humus gibt es buchstäblich nicht den seinserhaltenden Umbau von Gestor-benem zu Lebendem, der allein in ihm und durch ihn geleistet wird. Und ohne Humus gibt es nicht den mindesten Schutz gegen die Erosion, unter welcher die Erdteile sonst unaufhaltsam hinschmelzen. Alle Prozesse auf der Erdrinde geraten in eine völlige Regellosigkeit, wenn der Humusaufbau und unablässige Humusersatz nicht optimal erfolgt. Dagegen ist die Ernährung der Lebewesen gewissermaßen geringfügig, obgleich von ihr wieder in allem und jedem das gesamte Leben auf der Erde abhängt. Aus der Berücksichtigung solcher Perspektiven heraus wurde dieses Buch geschrieben. Zwangsläufig und das hing wiederum nicht von der Autorin, sondern vom natürlichen Umfang des ganzen Themas ab mußte ein so weitgespannter Rahmen aufgestellt werden, daß die Zahl der Einzelbeispiele einer sehr eingeschränkten Auswahl unterlag. Anderseits scheint mir nichts so wichtig, als daß alle dieses Buch verstehen können. Denn ich spreche wirklich zu allen, da jeder von den Fragen des Humus wissend oder un¬wissentlich mitbetroffen ist. Es möge der Fachmann also keine umständliche Aufzählung von Experimenten suchen oder die Auseinandersetzung mit Bebauungsmethoden, mit Analysen und Gegenanalysen. Er wird sie nicht finden. Denn Sinn und Zweck dieses Buches ist, überall die langgestreckten Linien einer unbedingten Kausalität aufzuzeigen, die das Nahe mit dem zeitlich und räumlich weit Entfernten verknoten und die ewigen Kreisläufe ewig wenigstens mit menschlichem Maß gemessen , die aus unendlich vielen solchen Verknotungen sich verdichten. Die heute noch etwas ungewöhnliche Zusammenfügung rein naturwissen-schaftlicher Tatsachen mit historischen Geschehnissen aus der Geschichte des Menschen und anderen aus der Erdgeschichte, aus der Flora und Fauna, der Kunde der Gesteine, der Protozoen, der Atmosphäre und der Elemente wur…
