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Mit Gender Mainstreaming soll die Gleichstellung der Frau in Institutionen und Behörden systematisch umgesetzt werden. Andrea Leitner untersucht am Beispiel des österreichischen Arbeitsmarktservices die Chancen und Grenzen des Konzepts. Dort wurde Gender Mainstreaming zwar verankert, doch subtile Benachteiligungen so das Ergebnis ihrer Studie sind weiter wirksam. Überdies droht die Gefahr, dass sich das Konzept auf angeordnetes Verwaltungshandeln reduziert und der inhaltliche Anspruch verlorengeht.
Vorwort
Campus Forschung
Autorentext
Andrea Leitner, Dr. Mag., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Höhere Studien in Wien.
Leseprobe
Gleichstellung von Frauen und Männern ist seit langem Thema in der österreichischen Arbeitsmarktpolitik, hat aber durch Gender Mainstreaming einen neuen Impuls erhalten. Durch Gender Mainstreaming soll Gleichstellung systematisch in die Institutionen und Prozesse der Arbeitsmarktpolitik integriert werden, mit dem Ziel, Routinen, Maßnahmen und Aktivitäten politisch handelnder Organisationen dahingehend zu verändern, dass Politik die Benachteiligungen durch Geschlecht nicht verstärkt. Gleichstellung ist damit nicht länger auf Frauenförderung und Frauenabteilungen oder Frauenreferentinnen konzentriert, sondern ist mit dem neuen Konzept in den Rang der allgemeinen Zielsetzungen der Arbeitsmarktpolitik aufgestiegen und sind alle arbeitsmarktpolitischen AkteurInnen aufgerufen, allen voran die Leitungsebene, ihr Denken und Handeln reflexiv auf das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern auszurichten. Doch wieweit dieses Konzept in der Praxis umsetzbar ist, hat zu einer heftigen Debatte über die damit verbundenen Chancen und Risiken der Gleichstellungsförderung geführt. Während die BefürworterInnen von Gender Mainstreaming von einer Transformation der Geschlechterpolitik sprechen, die Gleichstellungspolitik erweitert, befürchten die SkeptikerInnen eine Instrumentalisierung, die auch die erkämpften Fortschritte der Gleichstellungspolitik gefährdet. Daneben gibt es noch Stimmen, die keine Änderung erwarten, sondern Frauenförderung mit all seinen Problemen und Barrieren lediglich durch einen neuen Begriff vertreten sehen. In der Arbeitsmarktpolitik soll das Instrument Gender Mainstreaming Frauenförderung nicht ersetzen, sondern ergänzen und stärken. Für diese Aufwertung der Gleichstellungspolitik waren weniger emanzipatorische Zielsetzungen als vielmehr ökonomische und sozialpolitische Argumente ausschlaggebend. Die Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt soll die Produktivität und die Wettbewerbschancen Europas steigern und damit auch zur Finanzierbarkeit des Sozialstaates beitragen (Behning/Serrano Pascual 2001; Rubery/Fagan 1998; Schmidt 2003). 1994 wurde die Förderung der Chancengleichheit beim Gipfel von Essen als eine zentrale Zielsetzung der EU festgelegt. Durch ihre Berücksichtigung im Amsterdamer Vertrag (1997) und in den Zielsetzungen von Lissabon (2000) haben diese Aufgaben auch auf nationaler Ebene an Gewicht und Verbindlichkeit gewonnen. Tatsächlich sind Frauenförderung und Gender Mainstreaming in den arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen und den proklamierten Erfolgen der damit befassten Institutionen verstärkt zu finden. Aber wieweit hat sich die Praxis der Arbeitsmarktpolitik durch die neuen Zielsetzungen und Gender Mainstreaming verändert? Welche Zielsetzungen werden mit Gleichstellung in der Arbeitsmarktpolitik verbunden? Können sich Gleichstellungsziele in der Arbeitsmarktpolitik gegenüber anderen Zielsetzungen durchsetzen? Wieweit werden Gleichstellungsziele in der alltäglichen Arbeitspraxis handlungsleitend? Die vorliegende Arbeit nimmt die Fragen der Umsetzungsmöglichkeiten von Gender Mainstreaming in politischen Organisation auf. Wieweit Gender Mainstreaming tatsächlich eine Weichenstellung in der Gleichstellungspolitik bedeutet, wird am Beispiel des österreichischen Arbeitsmarktservice (AMS) in einer kritisch reflektierenden Analyse des Implementierungsprozesses beleuchtet. Die normativen Vorgaben zu Gleichstellung und Chancengleichheit, wie sie in den Dokumenten der Arbeitsmarktpolitik festgehalten sind, werden dabei der Umsetzungspraxis, wie sie sich in der Perspektive der AkteurInnen darstellt, gegenübergestellt. Kernpunkt der Analyse ist die Frage, wieweit Arbeitsmarktpolitik selbst Doing-Gender-Prozesse setzt, das heißt an der Kontruktion von Geschlecht beziehungsweise den damit verknüpften Benachteiligen beteiligt ist und wieweit es mit Gender Mainstreaming gelingt, diese strukturellen Benachteiligungen zu vermeiden. Arbeitsmarktpolitik als Gleichstellungsinstrument Die Frage der Gleichstellung der Geschlechter wird nicht zufällig oft im Rahmen der Erwerbstätigkeit analysiert - ist doch der Arbeitsmarkt in unserem erwerbszentrierten System die zentrale Vermittlungsinstanz für die wirtschaftliche, politische und soziale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Ein großer Teil der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern wird am Arbeitsmarkt sichtbar (zum Beispiel bei Einkommensunterschieden oder Segregation), beziehungsweise steht in unmittelbarer Beziehung zum Arbeitsmarkt (beispielsweise die Trennungslinie zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit). Es ist daher davon auszugehen, dass jegliche Form arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen zugleich die Frage der Gleichstellung berührt. Während jedoch die Dimensionen der Ungleichheit am Arbeitsmarkt bereits seit langem Thema in der Frauen- und Geschlechterforschung sind, gewinnt umgekehrt die Gender-Perspektive in der Arbeitsmarktforschung nur zögerlich an Bedeutung (Maier 1998a). Damit bleibt auch die Frage, wie wirksam arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zur Förderung von Gleichstellung von Frauen und Männern beitragen, weitgehend offen (Müller/Kurtz 2002). Stellt man den Ursachen der Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt die Aufgaben von aktiver Arbeitsmarktpolitik gegenüber, so scheinen sich diese beiden Bereiche gut zu ergänzen. Trotz zunehmender Bildungsbeteiligung der Frauen, bleiben Bildungsdefizite durch beruflich schlecht verwertbare Bildungsabschlüsse und unterbrechungsbedingte De-Qualifizierungen die zentralen Barrieren der Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt. Die von Frauen mitgebrachten Kenntnisse und Fähigkeiten werden teilweise nicht als "objektive Qualifikationsvoraussetzungen" ausgewiesen und bewertet (Goldberg 2002). Probleme treten für Frauen vor allem beim geplanten Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nach familiär bedingten Unterbrechungen auf. Qualifizierungsmaßnahmen zur Ausbildung, Fortbildung, Umschulung oder beruflicher Mobilitätsförderung sowie die Unterstützung bei der Arbeitsuche, die zu den Kernbereichen der aktiven Arbeitsmarktpolitik zählen, können dazu beitragen, Frauen bessere Chancen am Arbeitsmarkt einzuräumen. Insbesondere, wenn diese Maßnahmen auf die spezifische Lebenssituation von Frauen ausgerichtet sind, zum Empowerment von Frauen beitragen und durch spezifische Beratung und Unterstützung bei der Kinderbetreuung begleitet werden. Doch die hohen Erwartungen an die Arbeitsmarktpolitik müssen angesichts ihrer Wirkungsmöglichkeiten relativiert werden. Aktive Arbeitsmarktpolitik kann nur bedingt Arbeitsplätze schaffen, aber kann durch gestaltende und präventive Maßnahmen die Beschäftigungschancen benachteiligter Gruppen verbessern (Layard u. a. 2005). Arbeitsmarktpolitik ist demnach weniger als Intervention zur Beseitigung von Arbeitslosigkeit zu verstehen, denn als Instrument zur Umreihung der Beschäftigungschancen zwischen unterschiedlichen Gruppen von Arbeitslosen. In dieser Interpretation geht Frauenförderung in der Arbeitsmarktpolitik auf Kosten von Männern und wird zur machtpolitischen Frage zwischen den Geschlechtern. Vorliegende Untersuchungen über die Wirksamkeit von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen oder Programmen vermitteln ein ambivalentes Bild über die Frauenförderung durch Arbeitsmarktpolitik: Am häufigsten wird das Thema im …