Fester Einband, 424 Seiten
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Die 19 Beiträge des Bandes sind der Ertrag einer Leipziger Tagung vom Oktober 2007. Sie nahm sich erstmals umfassend und aus europäischer Sicht der Bedeutung der Orgel im Zeitalter Mendelssohns an. Besonderer Wert wurde dabei auf das Zusammenwirken von Ästhetik, Gattungsgeschichte, Aufführungspraxis und Organologie gelegt. Als Beigabe enthält das Buch eine CD mit der Tonaufnahme des von Rudolf Lutz vollendeten Mendelssohn-Choralfragments O Haupt voll Blut und Wunden. In diesem klingenden Beitrag der Tagung verbinden sich wissenschaftliche Forschung und historisch reflektierte Praxis.
Autorentext
Peter Wollny ist als Leitender Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bach-Archiv Leipzig tätig und unterrichtet als Lehrbeauftragter an den Universitäten Leipzig, Dresden und Weimar. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen zur Musikgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts. Christoph Wolff, geboren 1940, ist Direktor des Leipziger BachArchivs, Ordinarius für Musikwissenschaft an der Harvard University und Honorarprofessor der Universität Freiburg. Er veröffentlichte zahlreiche Beiträge zur Musikgeschichte des 15. bis 20. Jahrhunderts, vor allem zu Bach und Mozart. Für seine wissenschaftlichen Arbeiten erhielt er 1978 die DentMedaille der Royal Musical Association in London, 1992 den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen und 1996 den Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung. 1999 entdeckte er in Kiew den verlorengeglaubten Nachlaß des Bach Sohnes Carl Philipp Emanuel mit einer großen Zahl bisher unbekannter Kompositionen sowie Handschriften seiner Brüder und seines Vaters. Dr. des. Anselm Hartinger, geboren 1971, war lange Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bach-Archiv Leipzig sowie an der Schola Cantorum Basiliensis und ist gegenwärtig Kurator für historische Musikinstrumente am Württembergischen Landesmuseum Stuttgart.
Klappentext
Die 19 Beiträge des Bandes sind der Ertrag einer Leipziger Tagung vom Oktober 2007. Sie nahm sich erstmals umfassend und aus europäischer Sicht der Bedeutung der Orgel im Zeitalter Mendelssohns an. Besonderer Wert wurde dabei auf das Zusammenwirken von Ästhetik, Gattungsgeschichte, Aufführungspraxis und Organologie gelegt. Als Beigabe enthält das Buch eine CD mit der Tonaufnahme des von Rudolf Lutz vollendeten Mendelssohn-Choralfragments O Haupt voll Blut und Wunden. In diesem klingenden Beitrag der Tagung verbinden sich wissenschaftliche Forschung und historisch reflektierte Praxis.
Leseprobe
Hr. Musikdirektor Bach spielte eine von ihm selbst (etwas zu klaviermässig) gesetzte Toccata und ein Präludium nebst Fuge von Sebastian Bach auf der Orgel mit grosser Fertigkeit. In Berlin ist es etwas seltenes, dies herrliche, imponirende Instrument einmal concertirend gebraucht zu hören. Schade nur, daß die Zahl derer, die sich für das erhabenste aller Instrumente interessiren, sich fast nur auf einen kleinern Cirkel von Kunstkennern beschränkt. [] Vor Einförmigkeit hatte sich der Concertgeber theils durch die ihn unterstützenden Männerchöre, theils durch die Verschiedenartigkeit der von ihm vorgetragenen Stücke, gesichert. Die beiden einleitenden Zitate das erste die Rezension eines unter Mitwirkung August Wilhelm Bachs im April 1827 in der Berliner Garnisonkirche gegebenen Benefizkonzerts, das zweite der Bericht über ein Orgelkonzert des Virtuosen Ferdinand Vogel am 21. Oktober 1832 in der Paulinerkirche zu Leipzig1 beleuchten trotz ihrer Kürze wesentliche Potentiale und Probleme des Orgelspiels in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und deuten das aufführungspraktische und ästhetische Spannungsfeld an, in dem sich die Orgel in dieser Schlüsselperiode der Herausbildung des modernen Musiklebens befand. Einerseits mehr denn je als Ausdruck des Erhabenen angesehen und gerade in der Romantik von der Würde des Kirchenraums und dem Geheimnis des geistlichen Geschehens überstrahlt, sah sich die Orgel nach den in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts allenthalben bemerkbaren Transformationsprozessen in der kirchenmusikalischen Landschaft mit einem Bedeutungsverlust konfrontiert, der ihre Stellung im Musikleben ernsthaft gefährdete. Die Orgel blieb zwar als gottesdienstliches Begleitinstrument unangefochten, mit dem Ende des Generalbasszeitalters wurde sie jedoch vielerorts aus ihrer Leit- und Stützfunktion im Ensemble und damit aus der Normbesetzung von Figuralaufführungen und Oratoriendarbietungen verdrängt. Den aus der Sinfonik und Kammermusik der Zeit abgeleiteten Vorstellungen von einem dynamisch beweglichen und stufenlos farbigen Klang konnte die weithin als unflexibel oder gar steinern (Moritz Hauptmann) empfundene mechanische Pfeifenorgel kaum noch entsprechen. Neuartige liturgische Erwartungshaltungen und die vom Repertoire her gemischt zusammengesetzten Kirchenkonzerte ließen dem solistischen Orgelspiel überdies nur begrenzten Raum. Dazu fanden gerade ambitionierte Orgelvorträge regelmäßig nur das Interesse einer sehr begrenzten Zahl von Kennern und Kunstfreunden. Dieser veränderte Darbietungskontext und wohl auch ein verbreiteter Rückgang insbesondere der Pedaltechnik führten im Bereich der Orgelliteratur vielfach zu einem Verlust der idiomatischen Schreibweise und einer Angleichung an klaviergeprägte Klangideale und Spielgewohnheiten, was sich nicht nur in zahlreichen leichten Spielstücken, Bearbeitungen und Variationen ausdrückte, sondern auch an dem Umstand ablesen lässt, dass es sich bei einem Großteil der in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts an der Orgel dargebotenen Bach-Werke um Fugen aus dem Wohltemperierten Klavier handelte. Dennoch gehörten die Orgelmusik, der Organistenstand und der Orgelbau um und nach 1800 zu den Bereichen des Musiklebens, bei denen eine gewisse Kontinuität barocker Handwerks-, Gattungs-, Spiel- und Ausbildungstraditionen gegeben war. Vermittelt durch Schüler und Enkelschüler Bachs wie etwa Johann Christian Kittel und gestützt auf eine breite abschriftliche Verbreitung seiner Kompositionen blieben hier überdies Teile des orgelbezogenen Schaffens Bachs in einer Weise lebendig, die die lange Zeit gehegte Vorstellung einer raschen Abwendung von seiner Musik nach 1750 mehr und mehr fraglich erscheinen lässt. Welche Bedeutung die konstante Pflege Bachschen Repertoires und die nicht zuletzt mit der Tätigkeit Felix Mendelssohn Bartholdys verbundene Wiederaneignung zahlreicher Schlüsselwerke seines organistischen Oeuvres für die Entwicklung des Orgelspiels und der Orgelkomposition nach 1800 hatte, bildet eines der zentralen Themen der diesem Zeitraum gewidmeten musikhistorischen und rezeptionsgeschichtlichen Forschungen. Die für die Epoche der musikalischen Romantik so essentielle Frage nach Kontinuität und Neuanfang ist daher sowohl an die Orgelmusik als auch an den Orgelbau und das Orgelspiel der Zeit zu richten. Die neunzehn Beiträge des vorliegenden Bandes sind der Ertrag einer im Oktober 2007 in Leipzig im Rahmen des Kooperationssprojekts Bach Mendelssohn Schumann der Leipziger Komponistenhäuser veranstalteten Tagung. Sie nehmen sich erstmals in umfassender Weise und mit dezidiert europäischer Perspektive der Bedeutung der Orgel im Zeitalter Felix Mendelssohn Bartholdys an. Dabei wurde besonderer Wert auf das Zusammenwirken ästhetischer und gattungsgeschichtlicher wie auch aufführungspraktischer und organologischer Zugänge gelegt. Ein erster Themenblock beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Klanggestalt und Ästhetik und versucht dabei, die Stellung der Orgel im musikalischen Denken und praktischen Musikleben der Romantik zu bestimmen. Während Arnfried Edler in seiner Robert Schumann gewidmeten Betrachtung die Bedeutung der Orgel für einen der großen Komponisten und Musikpublizisten der Zeit rekonstruiert, widmet sich Burkhard Meischein dem Einfluss veränderter liturgischer und theologischer Anschauungen auf das zeitgenössische Verständnis vom angemessenen Orgelklang. Kristian Wegscheider identifizie…
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