Der Cid Tragische Komödie

Leseprobe
Erster Aufzug
Erster Auftritt
Chimene. Elvire.
Chimene. Darf ich dir glauben? Sprach mein Vater so? Mir scheint,
Du hättest doch nicht recht verstanden, was er meint.
Elvire. Was er mir sagte, war so einfach und so klar,
Daß da kein Mißverstehn, kein Zweifel möglich war.
Er schätzt Rodrigo hoch, wie Ihr ihn liebt, Chimene,
Und würd' ihn sicher gern als Euren Gatten sehn.
Chimene. So sag, ich bitte dich, mir noch zum zweiten Mal,
Woraus du schließen magst, er billige meine Wahl.
Sag mir noch einmal klar, worauf ich hoffen kann -
Solch holde Reden hört man immer gerne an.
Versprichst du nicht zuviel, wenn du uns sagst, wir können
Zu unsrer Liebe uns vor aller Welt bekennen?
Hast mit dem Vater du vom Wettstreit auch gesprochen,
Der zwischen Sancho und Rodrigo ausgebrochen?
Und zeigtest du ihm nicht zu deutlich, daß mir beide
Nicht gleich wert, ich vielmehr aufs schärfste unterscheide?
Elvire. O nein! Ich sagte ihm, Ihr wüßtet selbst noch nicht,
Ob Euer Herz für den, für jenen stärker spricht.
Nicht selbst entscheiden wollt Ihr drum. Gehorsam nimmt
Chimene zum Gatten, wen der Vater ihr bestimmt.
Sehr deutlich sah man es des Grafen Zügen an,
Wie wohl des Töchterleins Gehorsam ihm getan.
Zwar muß das alles noch einmal zur Sprache kommen,
Doch ist schon wichtig, was ich jetzt von ihm vernommen.
"Mir ist es recht, gleichviel, für wen sie sich entscheide
Aus edlem Blute, treu und tapfer sind sie beide.
Noch sind sie jung, doch aus dem Glanz der Augen lesen
Wir Ruhm verheißend schon der Ahnen hohes Wesen.
Vor allem sehn wir in Rodrigos Angesicht
Nicht einen Zug, der nicht von r