Bentonitgebundener Formstoff wird heute in Deutschland, Europa und weltweit schätzungsweise zu 70% zur Herstellung verlorener Formen in der Gießerei verwendet. Das Formstoffsystem aus den Hauptkomponenten Quarzsand, Bentonit und Wasser wird durch Verdichtung verfestigt und stellt eines der produktivsten Formverfahren in der Gießerei dar. Einer der Hauptvorteile dieses Formstoffsystems besteht in der Reversibilität der Bindefähigkeit des größten Teils des eingesetzten Binders. Das dadurch entstehende Umlaufformstoffsystem ist ein wirtschaftliches und aufgrund der weitgehend anorganischen Formstoffbestandteile auch eines der umweltfreundlichsten Formverfahren zur Gussteilerzeugung. Dieser Umlaufcharakter sowie die Spezifik des Bindersystems Bentonit-Wasser bedingen, dass sich die Aufbereitung von und die Formherstellung mit bentonitgebundenen Formstoffen sehr stark von der Form- und Kernherstellung mit chemisch gebundenen Formstoffen unterscheidet. Das vorliegende Praxishandbuch bentonitgebundener Formstoff beschreibt das Arbeiten mit diesem Formstoffsystem von der Aufbereitung der Einsatzstoffe bis zum Wiedereinsatz des vom Gussteil getrennten Altsandes.

Autorentext

Prof. i.R. Dr.-Ing. habil. Dr. h.c. Werner Tilch studierte Silikattechnik und promovierte 1972 auf dem Fachgebiet Giessereitechnik an der TU Bergakademie Freiberg. Bis 1979 war er Oberassistent am dortigen Giesserei-Institut und danach in der Industrie und im Ausland tätig. 1983 erfolgte die Berufung zum Dozenten für Giessereitechnik-Formtechnik und 1991 die Habilitation. 1995 wurde er zum a.pl. Professor an der TU Bergakademie ernannt und erhielt 2006 die Ehrendoktorwürde der Universität Miskolc, Ungarn.

Dr.-Ing. habil. Hartmut Polzin arbeitet am Giesserei-Institut der TU Bergakademie Freiberg. Nach dem Studium der Giessereitechnik in Freiberg promovierte er im Jahre 1999 mit einer Dissertation zum Thema Mikrowellenverfestigung von wasserglasgebundenen Giessereiformstoffen zum Dr.-Ing. Nach mehrjähriger Tätigkeit in einer Giesserei kehrte er ans Giesserei-Institut zurück und ist seit 2008 für Lehre und Forschung im Fachgebiet Formstoffe und Formverfahren zuständig. 2012 habilitierte er zum Thema »Anorganische Binder zur Form- und Kernherstellung in der Giesserei«.

Dr.-Ing. Michael Franke arbeitet seit 2012 freiberuflich in Dresden mit internationalen Kontakten. Nach dem Studium der Giessereitechnik an der TU Bergakademie Freiberg promovierte er an der TU Dresden 1984. Es folgte eine über 30 jährige Tätigkeit in der Giessereiindustrie. Als langjähriger Technischer Leiter eines Werkes führte er die Planung, den Aufbau und die Inbetriebnahme moderner Giessereianlagen.

Inhalt

1 Einführung
1.1 Aktueller Stand und Entwicklungstendenzen
1.2 Allgemeiner Verfahrensablauf
Literatur Abschnitt 1
2 Betonitgebundene Formstoffe - Anforderungen, Aufbau und Eigenschaften
2.1 Einführung, Begriffe
2.2 Formgrundstoffe
2.2.1 Quarzsande
2.2.2 Eigenschaften von Quarzsanden und ihre Prüfung
2.2.3 Mineralische und synthetische Sande - alternative Formgrundstoffe
2.2.4 Naturformsande
2.3 Der Formstoffbinder Bentonit
2.3.1 Bentonitarten, Struktur und Zusammensetzung
2.3.2 Eigenschaften
2.3.2.1 Chemische und mineralogische Zusammensetzung
2.3.2.2 Quellfähigkeit und Bindevermögen
2.3.2.3 Ionenaustauschfähigkeit - chemische Aktivierbarkeit [2.33], [2.34]
2.3.2.4 Dispersionseigenschaften (Teilchengröße, Aufschlussverhalten, Dispergierbarkeit) [2.24], [2.25], [2.26]
2.3.2.5 Hochtemperaturverhalten, thermische Beständigkeit [2.28-2.30]
2.3.3 Anforderungsgerechter Bentoniteinsatz [2.25-2.32]
2.4 Zusatzstoffe
2.5 Formstoffzusammensetzung
2.6 Formstoffeigenschaften und Prüfverfahren
2.6.1 Grundeigenschaften
2.6.2 Technologische Eigenschaften von bentonitgebundenen Formstoffen
Literatur Abschnitt 2
3 Formverfahren mit bentonitgebundenen Formstoffen
3.1 Formstoffaufbereitung
3.1.1 Formstoffmischer-Aufbereitungsverhalten [3.2-3.7]
3.1.2 Formstoffmischer-Bauarten
Literatur Abschnitt 3
4 Die Formherstellung
4.1 Das Verdichtungsverhalten bentonitgebundener Formstoffe
4.1.1 Ziel- und Einflussgrößen
4.1.2 Das Verarbeitungsverhalten bentonitgebundener Formstoffe
4.1.3 Grünfestigkeit bentonitgebundener Formstoffe
4.1.4 Einfluss der Verdichtungsintensität
4.1.5 Einfluss der Fließbarkeit des Formstoffes
4.1.6 Einfluss der Verdichtungsart, Verdichtungstechnologien
4.1.7 Zweistufenverdichtungsverfahren
4.1.8 Das Ausformverhalten
4.2 Formmaschinen - Formanlagen
4.2.1 Einteilungsprinzipien von Formmaschinen
4.2.2 Kastenlose Formmaschinen
4.2.3 Slingerformmaschine
4.3 Kriterien zur technischen und wirtschaftlichen Auswahl der Formanlage
Literatur Abschnitt 4
5 Verhalten beim Gießen - gießtechnologische Eigenschaften bentonitgebundener Formstoffe
5.1 Vorgänge beim Gießen und Erstarren
5.2. Spezifische Anforderungen durch den Gusswerkstoff
Literatur Abschnitt 5
6 Das Umlaufverhalten bentonitgebundener Formstoffe
6.1 Einfluss- und Zielgrößen
6.2 Formstoffbelastungen im Umlauf
6.2.1 Thermische Belastungen des Formstoffs
6.2.2 Mechanische Belastungen des Formstoffs
6.2.3 Chemische Belastungen des Formstoffs
6.2.3.1 Einfluss der Pyrolyseprodukte des Kohlenstaubs
6.2.3.2 Einfluss von Kernformstoffen
6.2.3.3 Schlichterückstände im Formstoff
6.2.3.4 Einfluss des Aufbereitungswassers
6.2.3.5 Moderne Speiserhilfsmittel im Formstoffkreislauf
6.3 Prozessstufen des Umlaufprozesses
6.3.1 Guss-Sand-Trennung (Auspacken)
6.3.2 Homogenisieren
6.3.3 Kühlen
6.3.4 Lagern
6.3.5 Aufbereiten
6.4 Anlagentechnik zur Formstoffrückgewinnung
6.4.1 Guss- Sand-Trennung/Auspackeinrichtungen
6.4.2 Metallabscheider (Magnetscheider)
6.4.3 Formstoffschleudern
6.4.4 Siebe, Siebmaschinen
6.4.5 Anlagen zum Kühlen des umlaufenden Formstoffs
6.4.6 Formstoffmischer
6.5 Steuerung von Umlaufformstoffen
6.5.1 Auffrischung
6.5.1.1 Auffrischung mit Bentonit
6.5.1.2 Auffrischung mit Glanzkohlenstoffbildnern (Kohlenstaub)
ff.