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Ausgehend von einer norddeutschen Mitgliederbefragung thematisiert die Untersuchung den Posaunenchor als exemplarische kirchliche Praxis und fragt, wie sich hier soziale, musikalische und religiöse Aspekte miteinander verbinden. Am Anfang steht dabei die Dynamisierung und Sozialisierung eines individualistisch enggeführten Religionsbegriffs durch den Begriff der Praxis der Selbsttranszendenz. Mit Hilfe musikwissenschaftlicher Konzepte entwirft Koll sodann eine Theorie kirchlichen Musizierens, die sowohl die Rolle des instrumentalen Musizierens als auch des Gottesdienstes neu bewertet. Schließlich wird der Posaunenchor als kirchliche Gruppe mittels jüngerer gruppensoziologischer Ansätze thematisiert. Am Phänomen der Posaunenchorpraxis lässt sich auch der Zusammenhang von Gruppe und kirchlicher Organisation erhellen und zeigen, dass und inwiefern letztere zur Pflege einer homogenen und überzeugenden Gruppenidentität beitragen kann.
Wichtige Veröffentlichungen von Julia Koll sind unter anderem: Körper beten. Religiöse Praxis und Körpererleben, Stuttgart 2007 (Dissertation); Schwellenkunde. Einsichten und Aussichten für den Pfarrberuf im 21. Jahrhundert, Stuttgart 2012, (zusammen mit Regina Sommer). [Church Music as a Socioreligious Practice. Studies on Religion, Music and Group Interaction] On the basis of a member survey in Northern Germany this study addresses the trombone choir as an exemplary ecclesial practice and examines the question how social, musical and religious aspects interconnect in that practice. The first part of the study deals with the dynamisation and socialisation of an individualistically restricted concept of religion by means of the concept of a practice of self-transcendence. Then, from a musicological perspective, the author develops a theory of ecclesial music-making which re-evaluates the role of instrumental music-making as well as the role of worship.
Autorentext
Julia Koll, PD Dr. theol., Jahrgang 1975, studierte Evangelische Theologie in Marburg und Berkeley. Sie ist Pastorin der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und Studienleiterin für Theologie und Ethik an der Evangelischen Akademie Loccum. Koll ist Mitglied in der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie, der Liturgischen Konferenz der EKD, des Arbeitskreises Empirische Religionsforschung e.V., der Europäischen Gesellschaft für theologische Forschung von Frauen sowie der Sektion Religionssoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie.
Inhalt
INHALT I. Einleitung 11 1. Thematische Hinfuhrung 13 1.1. Posaunenchore: Zur Geschichte eines evangelischen Phanomens 13 1.2. Zum Forschungsstand 25 1.3. Zu Fragestellung und Aufbau dieser Arbeit 30 2. Methodologische Uberlegungen 32 2.1. Zum Forschungsinteresse 32 2.2. Ein doppelt praxistheoretischer Forschungsansatz 34 2.2.1. Praxis als Gegenstand, Theorie als Praxis 34 2.2.2. Die Forscherin und das Feld 43 2.3. Zur empirischen Untersuchung 46 2.3.1. Zur Entwicklung des quantitativ-empirischen Forschungsdesigns 46 2.3.2. Vorbereitung und Durchfuhrung der Posaunenchorbefragung 2012 48 2.3.3. Zur Fragebogenkonstruktion 51 2.3.4. Das Datenmaterial 55 2.4. Praktisch-theologische Theoriebildung aus quantitativ-empirischen Daten 56 2.4.1. Praktische Theologie als empirische Religionsforschung? 56 2.4.2. Praxistheoretische Dynamisierung: Zur Auswertung der empirischen Untersuchung 64 2.4.3. Zusammenfassung: Das theologisch-methodologische Konzept dieser Arbeit 67 II. Empirische Erkundungen 71 3. Posaunenchore heute 73 3.1. Die Mitglieder 73 3.2. Die Chore und ihre Leiter/innen 79 3.3. Die Praxis der Posaunenchore 83 3.4. Was ist das Besondere? 85 3.5. Posaunenchore in Ost- und Westdeutschland 87 3.6. Zusammenfassung 89 4. Empirische Befunde zu Religion, Musik und Gruppe 91 4.1. Zur Motivation der Posaunenchormitglieder 91 4.2. Zur Bedeutung der Musik fur Blaser/innen und Posaunenchorpraxis 97 4.3. Blaser/innen und ihr Verhaltnis zur kirchlichen Organisation 103 4.4. Posaunenchor und Religion im Selbstverstandnis der Blaser/innen 109 4.5. Der Posaunenchor als Gruppe 115 4.6. Zusammenfassung 122 III. Theoretische Erkundungen 125 5. Religionstheoretische Perspektive: Posaunenchor Religion als kollektive Praxis 127 5.1. Zum Religionsbegriff in der gegenwartigen Diskussion 128 5.1.1. »Religion« ein praktisch-theologischer Leitbegriff? 128 5.1.2. Religion und Religiositat 136 5.1.3. Religiose Individualisierung ein wirkmachtiges Theorem 143 5.1.4. Fazit 152 5.2. Selbsttranszendenz Deutung Praxis: Religionstheoretische Pointen 154 5.2.1. Hans Joas ein religionssoziologischer Gesprachspartner 154 5.2.2. Zu Joas' Begriff der Selbsttranszendenz 156 5.2.3. Zwischen Erfahren und Deuten: Joas' religionstheoretische Gedanken 168 5.2.4. Praxis der Selbsttranszendenz: Eine praxistheoretische Erweiterung 172 5.3. Religion im Posaunenchor 181 5.3.1. Selbsttranszendenz im Posaunenchor 182 5.3.2. Der Posaunenchor als offene und stetige Praxis 184 5.3.3. Kollektive und individuelle Religion 185 5.4. Konsequenzenfureinepraktisch-theologischeReligionstheorie.188 6. Kirchenmusiktheoretische Perspektive: Gemeinsames Musizieren als religiose Praxis 192 6.1. Auf dem Weg zu einer praktisch-theologischen Kirchenmusiktheorie 192 6.2. Von der Musik zum Musizieren 203 6.2.1. Von der Autonomie der Musik zur New Musicology 203 6.2.2. »Working musically with people in context« eine musikpsychologische Perspektive 208 6.2.3. Das Modell des »Collaborative Musicing« 212 6.2.4. Implikationen fur den Gemeinschafts- und den Praxisbegriff 217 6.2.5. Gemeinsames Musizieren im Posaunenchor 224 6.3. Jenseits der Worte: Zur Bedeutung instrumentaler Kirchenmusik 229 6.3.1. Instrumentalmusik als musiktheologischer Ernstfall 229 6.3.2. Was bedeutet Musik? Musikphilosophische Perspektiven 239 6.3.3. Theophonie: Zum religionsproduktiven Potential instrumentaler Musik 245 6.3.4. Der Posaunenchor als instrumentalmusikalisches Ensemble 252 6.4. Musizieren im Gottesdienst 256 6.4.1. Blaser/innen und der Gottesdienst 258 6.4.2. Gottesdienst als Gelegenheit zur Performance 262 6.4.3. Musizieren als gottesdienstliche Beteiligung 265 6.4.4. Gottesdienstliches Musizieren und religiose Deutung 268 6.4.5. Gottesdienst Mitte des kirchenmusikalischen Lebens? 272 6.5. Konsequenzen fur eine praktisch-theologische Kirchenmusiktheorie 279 7. Kirchentheoretische Perspektive: Die Gruppe Posaunenchor als kirchliche Praxis 283 7.1. Gruppeinpraktisch-theologischer Perspektive. Einleitende Bemerkungen 283 7.2. Die Gruppe Posaunenchor als organisierte religiose Praxis 293 7.2.1. Zur Typologie kirchlicher Gruppen bei Hauschildt/Pohl-Patalong 293 7.2.2. Posaunenchor zwischen Organisation und Interaktion 296 7.2.3. Gruppe und Religion am Beispiel des Posaunenchors 306 7.3. Gruppe in soziologischer Perspektive 311 7.3.1. Die Mesoebene des Sozialen: Ein Forschungsuberblick 311 7.3.2. Gruppen im Wandel 322 7.3.3. Gruppe oder Netzwerk? 327 7.3.4. Gruppe gleich Gemeinschaft? 330 7.3.5. Der Posaunenchor in gruppensoziologischer Sicht 336 7.4. Konsequenzen fur eine praktisch-theologische Theorie kirchlicher Gruppen 342 IV. Ausblick 349 1. Posaunenchor als Praxis 351 2. Praktiken im praktisch-theologischen Fokus 354 3. Zur Bedeutung intersubjektiver Praktiken 360 4. Praktiken und Diskurse 364 5. Methodologische Konsequenzen 369 6. Theologische Implikationen der Erforschung von Praktiken 372 7. Ein neuer Leitbegriff? 377 V. Literaturverzeichnis 379 VI. Anhang 406 1. Statistische Abkurzungen 407 2. Fragebogen fur Chormitglieder 408 3. Fragebogen fur Chorleiter 416