Der Topos der Sünde gehört nicht nur zum Kernbestand theologischer Themen, er bietet auch einen theologischen Schlüssel zum Verständnis für die Herkunftsgeschichte der kulturellen Situation unserer Gegenwart. Der international bekannte Theologe und Religionsphilosoph Ingolf U. Dalferth zeigt das am Leitfaden der Frage nach der Menschlichkeit des Menschen an exemplarischen Punkten und widerspricht damit der weitverbreiteten »Sündenvergessenheit« deutscher evangelischer Theologie. Das Resultat ist keine klassische theologische Abhandlung zum Sündenthema, sondern eine Problemgeschichte der Sünde, in der theologische Überlegungen zur Diagnose exemplarischer Entwicklungen in der europäischen Denkgeschichte herangezogen werden. Dalferths Buch kritisiert den Zweig der Aufklärungstradition, der meint, die vom Sündentopos bestimmte Interpretation der conditio humana hinter sich lassen zu können, und plädiert für eine realistische Sicht auf den Menschen. Wer an den »sündlosen« Menschen glaubt und meint, auf der Erde das Himmelreich schaffen zu können, baut an der Hölle. [Sin. The Discovery of Humanity] The topos of sin belongs not only to the core stock of theological themes, it also offers a theological key to understanding the origins of the cultural situation of our present time. The internationally renowned theologian and philosopher of religion Ingolf U. Dalferth shows this at exemplary points along the guideline of the question of the humanity of man and thus contradicts the widespread oblivion of sins of German Protestant theology. The result is not a classical theological treatise on the topic of sin, but a critical history of sin in which theological considerations help to diagnose exemplary developments in the history of European thought. Dalferth's book criticises the branch of the Enlightenment tradition which believes that it is possible to leave behind the interpretation of the human condition determined by the topos of sin and pleads for a realistic view of man. Whoever believes in the sinless man and thinks to be able to create the kingdom of heaven on earth, builds on hell.
Autorentext
Ingolf U. Dalferth, Dr. theol., Dres. h.c., Jahrgang 1948, war von 1995 bis 2013 Ordinarius für Systematische Theologie, Symbolik und Religionsphilosophie an der Universität Zürich und von 1998 bis 2012 Direktor des Instituts für Hermeneutik und Religionsphilosophie der Universität Zürich. Seit 2007 lehrt er als Danforth Professor of Philosophy of Religion an der Claremont Graduate University in Kalifornien. Dalferth war mehrfach Präsident der Europäischen Gesellschaft für Religionsphilosophie, von 1999 bis 2008 Gründungspräsident der Deutschen Gesellschaft für Religionsphilosophie und 2016/2017 Präsident der Society for the Philosophy of Religion in den USA. Er war Lecturer in Cambridge und Manchester, Fellow am Collegium Helveticum in Zürich sowie am Wissenschaftskolleg zu Berlin und von 2017 bis 2018 Leibniz-Professor in Leipzig. 2005 und 2006 erhielt er die Ehrendoktorwürden der Theologischen Fakultäten von Uppsala und Kopenhagen. Dalferth ist Autor und Herausgeber vieler wichtiger Schriften. Er ist u. a. Hauptherausgeber der »Theologischen Literaturzeitung« (Leipzig) und der Publikationsreihe »Religion in Philosophy and Theology« (Tübingen).
Zusammenfassung
Der Topos der Sunde gehort nicht nur zum Kernbestand theologischer Themen, er bietet auch einen theologischen Schlussel zum Verstandnis fur die Herkunftsgeschichte der kulturellen Situation unserer Gegenwart. Der international bekannte Theologe und Religionsphilosoph Ingolf U. Dalferth zeigt das am Leitfaden der Frage nach der Menschlichkeit des Menschen an exemplarischen Punkten und widerspricht damit der weitverbreiteten "e;Sundenvergessenheit"e; deutscher evangelischer Theologie. Das Resultat ist keine klassische theologische Abhandlung zum Sndenthema, sondern eine Problemgeschichte der Snde, in der theologische berlegungen zur Diagnose exemplarischer Entwicklungen in der europischen Denkgeschichte herangezogen werden. Dalferths Buch kritisiert den Zweig der Aufklrungstradition, der meint, die vom Sndentopos bestimmte Interpretation der conditio humana hinter sich lassen zu knnen, und pldiert fr eine realistische Sicht auf den Menschen. Wer an den "e;sndlosen"e; Menschen glaubt und meint, auf der Erde das Himmelreich schaffen zu knnen, baut an der Hlle. [Sin. The Discovery of Humanity]The topos of sin belongs not only to the core stock of theological themes, it also offers a theological key to understanding the origins of the cultural situation of our present time. The internationally renowned theologian and philosopher of religion Ingolf U. Dalferth shows this at exemplary points along the guideline of the question of the humanity of man and thus contradicts the widespread "e;oblivion of sins"e; of German Protestant theology. The result is not a classical theological treatise on the topic of sin, but a critical history of sin in which theological considerations help to diagnose exemplary developments in the history of European thought. Dalferth's book criticises the branch of the Enlightenment tradition which believes that it is possible to leave behind the interpretation of the human condition determined by the topos of sin and pleads for a realistic view of man. Whoever believes in the "e;sinless"e; man and thinks to be able to create the kingdom of heaven on earth, builds on hell.
Inhalt
INHALT Einleitung 9 I Ferne Erinnerungen 19 1. Humanum: Die Frage nach der Menschlichkeit des Menschen 19 2. Vergessene Einsichten: Sunde, Sunder und Sunden 39 3. Sundigen: Von den Sunden zur Sunde und umgekehrt 64 4. Verfehltes Dasein: Metaphysik der Sunde 79 5. Verblendung: Sunde als Orientierungsversagen 92 6. Verderbtheit: Der Irrtum des anthropologischen Pessimismus 129 II Theologische Denktraditionen 130 1. Unordnung: Die Universalitat der Sunde 130 2. Untugend: Die Moralisierung der Sunde 154 3. Unglaube: Die Entmoralisierung der Sunde 174 4. Gotteshass: Sunde als Affekt 193 5. Unlust: Sunde als Sundenbewusstsein 208 III Transformationen der Sunde 221 1. Selbsterhaltung: Die politische Transformation der Sunde 221 2. Selbstsucht: Die okonomische Transformation der Sunde 234 3. Endlichkeit: Die metaphysische Transformation der Sunde 242 4. Radikal bose: Die ethische Transformation der Sunde 260 5. Angst: Die psychologische Transformation der Sunde 275 6. Entfremdung: Die existenzphilosophische Transformation der Sunde 295 7. Daseinsschuld: Die phanomenologische Transformation der Sunde 308 8. Scham: Die kulturanthropologische Transformation der Sunde 317 IV. Dekonstruktionen der Sunde 327 1. Ressentiment: Die genealogische Dekonstruktion der Sunde 328 2. Sexismus: Die ideologische Dekonstruktion der Sunde 347 3. Kolonialismus: Die identitatspolitische Dekonstruktion der Sunde 362 4. Trivialisierung: Die zeitgenossische Destruktion der Sunde 380 V. Der Sinn der Sunde 391 1. Das Positive des Negativen: Die beiden Hauptstrange des Sundendiskurses 391 2. Wider Verkurzungen: Ubervereinfachung als Kern der Sundenkritik 397 3. Mitmenschlichkeit: Die Aufdeckung der Sunde als Schlussel zur Entdeckung der Menschlichkeit 408 Namenregister 419