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Alle großen Religionen, Mythen und Geschichten der Menschheit berichten von den Großen Einzelnen, die es wagen, sich selbst treu zu sein, dem Ruf ihrer inneren Wahrheit zu folgen, zu eng gewordene Begrenzungen zu überwinden und neue Dimensionen zu erschließen. Die Wege dieser hervorragenden Menschen zeigen bei aller Einzigartigkeit doch auch überraschende Gemeinsamkeiten, aus denen sich Vorbildliches für unser alltägliches Leben und für unseren Prozess der Selbst-Verwirklichung lernen lässt. Dieses Buch ermutigt, der positiven heroischen Energie in uns zu vertrauen und uns von ihr dorthin führen zu lassen, wo unsere tiefste Sehnsucht ihre Erfüllung findet.
Autorentext
Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych. Analytischer Psychotherapeut, Stuttgart Verlag opus magnum
Leseprobe
Der Held: Faszination und Gefahr Ich bin in einer unbekannten gebirgigen Gegend. Ich stehe auf der obersten Stufe einer in unendliche Tiefe führenden Treppe. Ich trage ein weißes, weites Gewand. Vorher muss ich irgendwie gewaschen, gereinigt worden sein. Neben mir steht eine ebenfalls weiß gekleidete Frau, die mich nach unten begleiten wird. Ich soll hingerichtet werden. Ich bin erst wie erstarrt, weine einen Augenblick verzweifelt, fasse mich dann und frage mich hilflos, wie ich diesen Weg wohl gehen soll. Die Frau erzählt, dass ich geköpft und zerstückelt werde. Ich habe dabei das Bild vor Augen, wie diese zerstückelten Teile von mir auseinander und wieder zusammen streben, so als würden sie von einem zentralen Punkt aus angezogen. Dann gehe ich den Weg, von dem ich den Eindruck habe, dass ihn schon viele andere Menschen vor mir gegangen sind. Das ist der Traum einer dreißigjährigen Frau aus der Anfangsphase ihres Selbstfindungsprozesses. Der Weg, von dem sie im Traum den Eindruck hat, dass ihn schon viele vor ihr gegangen sind, ist jener uralte Weg, den die Menschen schon immer gehen mussten, wenn sie sich und ihre Welt verändern wollten. Es ist der Weg der Individuation und des schöpferischen Lebens, es ist der Weg der Wandlung, der durch den Tod zu neuem Leben führt, es ist der Weg des Helden und der Heldin. Das Drama des heroischen Menschen, der den Mut hat, allen Widerständen und Ängsten zum Trotz, Gefahren zu bewältigen, in bisher unbekannte Bereiche vorzudringen und neue Erkenntnisse zu gewinnen, hat die Menschen aller Kulturen und aller Zeiten fasziniert wie kaum ein zweites Thema. Ob in den alten Mythen, Sagen und Märchen, ob in der Literatur und den Filmen der Gegenwart, in der Religion, der bildenden Kunst, der Geschichte, der Politik, der Wissenschaft, der Wirtschaft, dem Sport: Immer steht der Mensch im Mittelpunkt, der es wagt, der das Neue, Außergewöhnliche tut und es dabei riskiert, bis an die äußersten Grenzen zu gehen und sie zu überschreiten. Offenbar bilden sich in ihm die großen Hoffnungen und tiefen Sehnsüchte der Menschheit ab. Das heroische Prinzip findet sich aber nicht nur im Menschen, sondern auch in der Tier- und Pflanzenwelt bis weit zurück in die frühesten Anfänge der Evolution. Friedrich Schiller fragt: Suchst du das Höchste, das Größte? Die Pflanze kann es dich lehren. Was sie willenlos ist, sei du es wollend das ist's!1 Dieses Zitat von Friedrich Schiller drückt die Essenz des Heroischen auf einfachste Weise aus. Was jede Pflanze, jeder kleinste Grashalm tun, wenn sie sich mit großer Geduld und Hartnäckigkeit durch die Erde ans Licht brechen, wenn sie mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln ihre individuelle Eigen- und Einzigartigkeit zum Ausdruck und zur Verwirklichung bringen, darum geht es hier. Das Heroische im besten Sinne ist die vorantreibende, schöpferische Lebensenergie in uns, die sich verwirklichen will, diejenige Kraft, die bereit ist, den Kampf ums Dasein aufzunehmen. Diese Kraft finden wir überall zumindestens symbolisch angedeutet im Universum und in der Natur, schon im Urknall, der Explosion und Expansion des Universums, im Such- und Neugierverhalten, Rivalitäts-, Imponier- und Paarungsverhalten der Tiere und Menschen, in unserem Körper, der in einem dauernden Kampf mit Krankheitserregern und schädlichen Stoffen liegt und sein Lebendigsein bewahren möchte. Unsere erste heroische Tat, unser erster und größter und alles entscheidender Heldenkampf ist unser Wettlauf gegen Millionen anderer Spermien gewesen. Wir haben vor all diesen vielen anderen Spermien unser Ziel erreicht, wir wurden von der weiblichen Eizelle (die selbst eine von vielen Auserwählten aus der ursprünglichen Vielzahl vieler konkurrierender Eizellen ist) auserkoren, wir konnten mit ihr das Mysterium coniunctionis, das Geheimnis der Vereinigung der Gegensätze feiern. Alle, die wir dies geschafft haben, sind in gewissem Sinne Helden und Heldinnen, wir haben bewiesen, dass wir uns gegen eine übermächtige Konkurrenz durchsetzen konnten. Wir alle sind winner. Auch die Geburt selbst ist eine geradezu klassische heroische Stirb-und-Werde-Situation, sowohl für die Mutter als auch für das Kind, ein Heldenkampf aus dem bergenden, umhüllenden Gefängnis in die Freiheit, durch die Dunkelheit zum Licht. Und dann geht es erst recht heroisch weiter: Wir sind von allem Anfang an Wesen, die sich selbst nicht kennen und in eine unbekannte Welt hineingeboren werden. In unseren Genen tragen wir zwar die Essenz des ganzen Universums und des ganzen evolutionären Prozess, aber wir wissen nichts von unserer kosmischen Herkunft und Vergangenheit. Wir sind fast wie Aliens, Fremde aus dem Universum, die irgendwie auf dieser Erde gestrandet sind, nicht wissend woher wir kommen und wohin wir gehen. Im Heranwachsen müssen wir unzählige weitere heroische Leistungen vollbringen, unzählige Drachenkämpfe durchstehen. Wir müssen uns orientieren, bewegen, stehen, laufen lernen, wollen, trotzen, rivalisieren, kämpfen, aggressiv sein, erforschen, erobern, begehren, lernen, leisten, Rückschläge und Niederlagen erleiden, Angst, Scham und Schmerz aushalten, Prüfungen bestehen, erfolgreich sein, uns selbst behaupten. Wir fühlen uns dabei oft einsam, unverstanden und fremden Mächten hilflos ausgeliefert. Überall müssen wir die Unsicherheit und das Risiko des Lebens letztlich alleine tragen und dabei haben wir immer unseren Tod vor Augen. Wie könnten wir das alles, wenn es nicht die Kraft des Helden und der Heldin in uns gäbe, die uns Hoffnung, Zuversicht und Trost vermitteln? So ist das ganze Leben im Grunde eine kontinuierliche Heldenreise. Der Weg des Helden und die mit ihm verbundenen Ereignisse und Symbole sind uns eben deshalb so vertraut, weil sie das instinktiv von uns gewusste oder erahnte Muster des richtigen und guten Lebensweges darstellen. Wir spüren es sehr deutlich und empfinden es als unbefriedigend, wenn uns eine Erzählung oder ein Film wesentliche Elemente des Heldenweges vorenthält. Beispielsweise haben wir meist große Schwierigkeiten damit, wenn die Hauptperson eines Stückes ein Looser, ein Verlierer, ist, der seine Aufgabe nicht erfüllt und scheitert. Noch schlimmer wird es, wenn der Held nicht das Wahre, Gute und Schöne vertritt, die Freiheit und die Gerechtigkeit, sondern die Täuschung, das Böse und Hässliche, oder wenn er sich am Ende als ein Übeltäter entpuppt. Unzufrieden sind wir auch, wenn der Held am Ende nicht die Erfüllung seiner Aufgabe erlebt und sei es wenigstens im Sterben , wenn er nicht seine Heldin bekommt oder nicht zumindest eine gewisse Hoffnung bleibt, dass sie sich finden werden. Das Ziel der Heldenreise ist immer auch die Erweiterung der Persönlichkeit, die Vereinigung mit dem anderen Geschlecht und das hoffnungsvolle Weiterleben des Wahren, Guten und Schönen, oft symbolisiert in dem aus der Vereinigung entstehenden Kind oder dem hinterlassenen schöpferischen Werk. Der positive Held fasziniert uns also so sehr, weil er die Wunsch- und Idealgestalt des guten, erfolgreichen Menschen schlechthin verkörpert. Er vertritt unsere ureigenste Sache, und deshalb identifizieren wir uns oft gern und leidenschaftlich mit ihm. In seinen Ängsten, Krisen und Gefahr…