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Wie können destruktive Prozesse in verschiedenen Gruppenformationen verstanden, wie in einer tieferen Dimension erklärt und wie begrenzt werden? Diese Fragen untersucht Karin Zienert-Eilts aus einer zugleich historischen und zeitdiagnostischen Perspektive anhand bestimmter Gruppenkonflikte innerhalb und außerhalb der psychoanalytischen Bewegung. Sie skizziert darüber hinaus die Konturen eines Entwicklungsmodells der Gruppendynamik und entwickelt psychoanalytisch begründete Kriterien zur Konfliktbewältigung für die Arbeit mit Gruppen im sozialen Feld.
Die destruktive Kraft von Polarisierungsprozessen und Gewalt in Gruppen ist allgegenwärtig und von hoher Aktualität. Wie können destruktive Prozesse in verschiedenen Gruppenformationen verstanden, wie in einer tieferen Dimension erklärt und wie begrenzt werden? Diese Fragen untersucht Karin Zienert-Eilts aus einer zugleich historischen und zeitdiagnostischen Perspektive anhand von Gruppenkonflikten innerhalb und außerhalb der psychoanalytischen Bewegung. Ausgehend vom Modell der Controversial Discussions einschließlich einer Fragebogenerhebung zum gegenwärtigen Stand der Diskurskultur werden Gruppenprozesse vor dem Hintergrund der psychoanalytischen Erkenntnisse Sigmund Freuds, Melanie Kleins und Wilfred Bions theoretisch reflektiert. Zienert-Eilts skizziert darüber hinaus die Konturen eines Entwicklungsmodells der Gruppendynamik und entwickelt psychoanalytisch begründete Kriterien zur Konfliktbewältigung für die Arbeit mit Gruppen im sozialen Feld. Dabei ist von ausschlaggebender Bedeutung, die Unvermeidbarkeit destruktiver Kräfte anzuerkennen, die unabschließbar in ein beständig aktives und oszillierendes Wechselspiel von konstruktiv-lebensbejahenden und gewalttätig-zerstörerischen Prozessen eingebunden sind.
Zusammenfassung
»Wie fruchtbar diese Analyse ist, zeigt Zienert-Eilts abschließend in der Anwendung ihrer Ergebnisse auf polarisierte Gruppenprozesse der Gegenwart: etwa auf die Inklusionsdebatte, die Flüchtlingskrise oder das Beispiel einer grausamen Mordtat in einem Jugendgefängnis (»Siegburger Tat«). Sie demonstriert auch, wie fatal sich die Passung zwischen einem narzisstisch-destruktiven Führer und einer Großgruppe auswirken kann. Damit ist die übergreifende Relevanz der hier vorgestellten psycho- und gruppenanalytischen Überlegungen eindrucksvoll belegt. Neben einer breiten Rezeption außerhalb der Psychoanalyse wäre es dem Buch ebenso zu wünschen, dass die psychoanalytischen Institute und Institutionen die hier enthaltenen Gedanken rezipierten.« Wolfgang Hegener in PSYCHE 6/19 »Wo immer sich Gruppen zusammenfinden, sei es aus freien Stücken oder notgedrungen, in Organisationen oder in freien privaten Zusammenschlüssen - früher oder später kommt es unausweichlich zu Konflikten. (...) Geradezu akribisch dokumentiert die Autorin diese Konflikte, was v.a. für psychoanalytisch Interessierte von Bedeutung ist.« Lisa Tomaschek-Habrina, www.lisatomaschek.at vom 7. März 2018 »In jüngster Zeit hat sich die politische Weltlage zunehmend polarisiert, eine bedrohliche Entwicklung, ein destruktiver Prozess, so jedenfalls scheint es. Wer nun aber dieses Buch liest, wundert sich vielleicht doch ein wenig, wie phasenweise heillos zerstritten und gespalten die psychoanalytischen Bewegungen offenbar bereits zu Beginn ihrer Geschichte gewesen sind. Geradezu akribisch dokumentiert die Autorin diese Konflikte inklusive erprobter Coping-Strategien bis in die Gegenwart hinein.« Konrad Heiland, Counseling Journal für Beratung, Pädagogik & Psychotherapie, Verbandszeitschrift des BVPPT, Ausgabe 15, November 2017 »Das Buch besticht durch seine Detailfreude. Insbesondere das historische Material, das Zienert-Eilts zum 'Geheimen Komitee' zusammengetragen hat, ist ausgezeichnet und lesenswert.« Hans-Peter Griewatz, FoRuM Supervision - Onlinezeitschrift für Beratungwissenschaft und Supervision, Heft 50, Oktober 2017, 25. Jahrgang
Inhalt
Einleitung I. Die psychoanalytische Bewegung 1. Zur Spezifitat des Untersuchungsgegenstandes 1.1 Methodologische Uberlegungen 1.2 Rezeptions- und Bewertungsprozesse in der Geschichtsschreibung der Psychoanalyse 2. Strukturbildungsprozess und Konfliktpotenzial der Organisation der psychoanalytischen Bewegung 2.1 Historischer Abriss 2.1.1 1902 bis 1910: Sigmund Freuds »exquisit geselliges Unternehmen« Wechselfolge zwischen dyadischen Beziehungen und Gruppenbildungen 2.1.2 Die neue Vergesellschaftungsform der »Freiwilligen Vereinigungen« 2.1.3 Die Grundung der IPV 2.1.4 Freud und Jung: Die Bedeutung C. G. Jungs fur Sigmund Freud II. Konfliktbewaltigungsmodelle der psychoanalytischen Bewegung 1. Das »Geheime Komitee« Ein Konfliktbewaltigungsversuch 1.1 Historischer Kontext: Parameter der Grundung 1912 1.1.1 Das »Geheime Komitee« als Ersatz fur C.G. Jung 1.1.2 Geheimhaltung und Intrige 1.1.3 Sigmund Freud als emotionales Zentrum der Kerngruppe des Komitees 1.1.4 Unterschiedliche Schwerpunkte im Selbstverstandnis der Komitee-Mitglieder am Beispiel von Ernest Jones' umstrittener »Verpflichtung« 1.2 Die Struktur des Komitees 1.2.1 Asymmetrie der Gruppenstruktur und Sigmund Freuds Zwiespalt 1.2.2 Die Verschrankung von inoffizieller und offizieller Ebene 70 1.2.3 Die vielfaltigen Ebenen der Kommunikationsstruktur 1.3 Konfliktentwicklung und Untergruppenbildungsprozesse im Komitee 1.3.1 Konflikte und Veranderungen in der Komitee-Gruppe 1.3.2 Der Prozess der Untergruppenbildung im Komitee 19181923 1.3.3 Sandor Ferenczi und die Bedeutung der Position des »Dritten« 1.3.4 Polarisierung in der Rank-Krise 1924: Ein Schlusselkonflikt 1.3.5 Der Beitrag Sigmund Freuds in der Rank-Krise: Die Weitergabe der Abraham-Briefe 1.3.6 Der Zersetzungsprozess des Komitees 1.3.7 Wiederherstellungsbemuhungen, Wiederholung der Destruktion und Scheitern 1.4 Die Bedeutung Sigmund Freuds als Fuhrungs- und Leitfigur 1.4.1 Sigmund Freuds zwiespaltige Fuhrungsposition: Primus inter pares und unbestreitbare Autoritat zugleich 1.4.2 Sigmund Freuds Diplomatie und Fuhrungsstil in Konflikten: Zwischen dem Prinzip des SowohlalsAuch und der Parteinahme 1.4.3 Misslingen der Triangulierung 1.4.4 Sigmund Freuds Angst um sein Werk 1.5 Zusammenfassung: Parameter fur das Scheitern des Komitees 1.6 Die Bedeutung des »Geheimen Komitees« im Rahmen des Institutionalisierungsprozesses der psychoanalytischen Bewegung 2. Die Controversial Discussions der British Psychoanalytical Society 19411946 Ein wissenschaftsorientiertes Modell zur Uberwindung der Polarisierung 2.1 Historischer Kontext: Determinanten des Polarisierungsprozesses 2.1.1 Wissenschaftliche Kontroversen: Berlin Wien, London Wien, Melanie Klein Anna Freud 2.1.2 Personliche Animositaten: Melanie Klein und Melitta Schmideberg 2.1.3 Kritik an dem Fuhrungsstil des Vorstandes 2.1.4 Gruppenbildung: Die Ankunft der Freuds in London und der Zweite Weltkrieg 2.1.5 Affektive Aufladung, Polarisierung und Eskalation 2.1.6 Die Middle Group 2.2 Die Organisationsstruktur der Controversial Discussions 2.2.1 Die Resolutionen und die Geschaftssitzungen 2.2.2 Die wissenschaftlichen Diskussionen 2.2.3 Das »Gentlemen's« bzw. »Ladies' Agreement« 2.3 Die Controversial Discussions heute 2.4 Zusammenfassung 3. Die Seeon-Konferenz der Deutschen Psychoanalytischen Organisationen 1996 Ein psychoanalytisch orientiertes Modell zur Uberwindung gruppenfeindlicher Identitatsbildung und Spaltung 3.1 Historischer Kontext 3.1.1 Anfange, Blute und Zerstorung der Psychoanalyse in Deutschland 3.1.2 Die Spaltung der psychoanalytischen Gemeinschaft 3.2 Die Group Relations Conferences 3.2.1 Das Gruppenkonzept Wilfred R. Bions: Die »Grundannahmegruppe« 3.2.2 Das Tavistock-Leicester-Modell: Organisationsstruktur und Methode 3.2.3 Die Anwendung auf zwei nationale Gruppen und auf die nationale Gruppenspaltung von Psychoanalytikern 3.3 Ergebnisse der Seeon-Konferenz heute 3.4 Zusammenfassung 4. Ergebnisse der historischen Analyse Parameter fur Scheitern und Gelingen der Konfliktlosungsmo…