Autorentext
Gesualdo Bufalino wurde 1920 in Comiso auf Sizilien geboren. Der Romancier und Lyriker, der erst mit einundsechzig Jahren sein erstes Buch veröffentlichte, verbrachte mehrere Jahre in einem Sanatorium und arbeitete als Lehrer für Latein und Italienisch. 1996 starb er in der Nähe von Comiso bei einem Autounfall.

Leseprobe
Vor Jahren - ich weiß nicht mehr wann, aber es muß wohl noch gewesen sein, bevor die Dichter anfingen, den Tod der Glühwürmchen zu beweinen - wurde mir eines Morgens, während ich das Haus verließ, klar, daß es an der Zeit sei, endlich mit meinem Dorf wieder Frieden zu schließen. Man weiß, wie diese Dinge verlaufen. Jemand lebt lange an einem Ort: Mutterleib, Klippe von Acitrezza, Gefängniszelle von Regina Coeli. Und an einem bestimmten Punkt hat er genug davon. Dann strampelt er im Bauch, tritt dagegen, er geht ans Meer und schaut den Schiffen zu, die draußen vorbeifahren, er sucht nach der Feile im Brotlaib. Auch ich hatte mehrmals solche Anläufe genommen, aber nicht nachdrücklich genug, um auf immer gehen zu können. Daher hatte sich in mir eine Art träger Unmut gegen das gewohnte Pflaster, auf dem ich jeden Tag hin- und herlief, eingestellt - ein Unmut, der bei dem geringsten Anlaß in Groll umschlagen konnte. Als Junge hatte ich sie geliebt, diese Steine. Damals: als noch jede Abreise mir schmerzlich war und ich mich nie vom Zugfenster löste, solange noch - wie ein Hirte bei seiner Herde von Dächern und Häusern stehend - die vertrauten Umrisse eines Kirchturms zu sehen waren. Oder andere Male: wenn mich bei der Rückkehr aus den Weinbergen, in die ich mich zur Lektüre eines verbotenen Buches zurückgezogen hatte, hinterrücks das Dunkel mit seinem Gefolge von Briganten und Wölfen überfiel - da mußte ich bloß die Augen auf den Horizont dort unten richten, um in meinem Herzen zu spüren, wie - beim Erglimmen des ersten Lichtes - all die uralte Angst vor der Einsamkeit und der Sündflut von mir abfiel. Wahrhaft eine Blutsgemeinschaft hatte mich damals mit der Gestalt und dem Körper meines Dorfes verbunden: nicht anders als jene, die- uns zuweilen, zwischen zärtlichen