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Das Gesetzlichkeitsprinzip prägt den modernen Verfassungsstaat. In seiner bekanntesten Ausprägung »nullum crimen, nulla poena sine lege« wird es geradezu als Grundvoraussetzung rechtsstaatlichen Strafens verstanden. So unstreitig das im Ausgangspunkt ist, so diffizil sind die daraus erwachsenden Konsequenzen im Detail. Im vorliegenden Sammelband gehen neunzehn deutsch-, spanisch- und englischsprachige Autoren Fragen des strafrechtlichen Gesetzlichkeitsprinzips aus verschiedenen Blickwinkeln nach.
Das für den modernen Verfassungsstaat prägende Gesetzlichkeitsprinzip wird in seiner bekannten Ausprägung nullum crimen, nulla poena sine lege geradezu als Grundvoraussetzung rechtsstaatlichen Strafens verstanden. So unstreitig das im Ausgangspunkt ist, so diffizil sind die aus ihm erwachsenden Konsequenzen im Detail. Die Schwierigkeiten beginnen bei den unvermeidbaren Unschärfen der natürlichen Sprache und setzen sich bei »bewusst flexibel« gestalteten Normen zur Regelung hochkomplexer bzw. sich rasch wandelnder Materien fort. Spezifische Problemlagen ergeben sich, wenn das Strafrecht die Grenzen des Nationalstaats und damit gewachsene rechtliche Traditionen ebenso wie die Einheit der Rechtssprache überschreitet. Im vorliegenden Sammelband gehen neunzehn deutsch-, spanisch- und englischsprachige Autoren den damit zusammenhängenden Fragen nach und widmen sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht. Dogmengeschichtliche und rechtstheoretische Grundlagen finden dabei ebenso Berücksichtigung wie Probleme der »richtigen« Gesetzesauslegung (als Umsetzung des Programms des Gesetzlichkeitsprinzips), die Bedeutung des Gesetzlichkeitsprinzips für einzelne Problemkreise des materiellen Rechts und für das Strafprozessrecht oder spezifisch international-strafrechtliche Fragestellungen. Die Durchdringung der Materie wird dabei durch die Beschäftigung mit diesen Themen aus der Tradition verschiedener Rechtssysteme heraus vertieft.
Autorentext
Juan Pablo Montiel, Studium der Rechtswissenschaften in Córdoba (Argentinien), Promotion in Barcelona (2008). Ehemaliger Wissenschaftlicher Assistent an der Universitat Pompeu Fabra (Spanien) und ehemaliger Stipendiat DAAD an der Universität München, am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht und beim Spanischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie. Von 2010 bis 2012 Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universidad de los Andes (Kolumbien). Derzeit Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Universität Erlangen-Nürnberg und Hauptkoordinator von CRIMINT. Jan C. Schuhr, Studium der Rechtswissenschaften und Vordiplom Mathematik in Erlangen. Promotion zum Thema »Rechtsdogmatik als Wissenschaft - Rechtliche Theorien und Modelle« (2005) bei Prof. Dr. Joachim Hruschka, ausgezeichnet u.a. mit dem Staedtler-Promotionspreis 2005. Akademischer Rat a.Z. bei Prof. Dr. Hans Kudlich und Rechtsanwalt. Forschungsinteressen: Wirtschafts-, Medizin- und Computerstrafrecht, allgemeine Deliktsstrukturen, Prinzipien des Strafverfahrens, europäisches Strafrecht, Rechtsphilosophie und Rechtslogik. Hans Kudlich, Jahrgang 1970, war seit 2002 Inhaber eines strafrechtlichen Lehrstuhls an der Bucerius Law School, Hamburg, und ist seit 2004 Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Interessenschwerpunkte neben dem Strafprozess- und dem Wirtschaftsstrafrecht sind gerade auch die Schnittstellen zwischen Strafrecht, Verfassungsrecht und Rechtstheorie, wie das Gesetzlichkeitsprinzip einen bildet.
Inhalt
Hans Kudlich, Juan Pablo Montiel und Jan C. Schuhr Einleitung I. Grundlagen und Grundprobleme des Gesetzlichkeitsprinzips im Strafrecht Eric Hilgendorf Gesetzlichkeit als Instrument der Freiheitssicherung Zur Grundlegung des Gesetzlichkeitsprinzips in der französischen Aufklärungsphilosophie und bei Beccaria Ralph Christensen Das Paradox der Rechtsentscheidung Systemtheorie und Dekonstruktion II. Allgemeine Anforderungen an die Umsetzung des Gesetzlichkeitsprinzips in der Rechtsanwendung Jesús-María Silva Sánchez Gesetzesauslegung und strafrechtliche Interpretationskultur Pablo Sánchez-Ostiz Die Bedeutung von Legaldefinitionen für die Anwendung des Strafrechts Íñigo Ortiz de Urbina Gimeno Das strafrechtliche Gesetzlichkeitsprinzip Ein Befehl an den Gesetzgeber ohne Bedeutung für die Gesetzesanwender? Matthias Klatt Die Wortlautgrenze III. Das Gesetzlichkeitsprinzip in einzelnen Bereichen des materiellen Strafrechts José Juan Moreso Gesetzlichkeitsprinzip und Rechtfertigungsgründe Ingeborg Puppe Rechtfertigung und Bestimmtheit Franz Streng Das Gesetzlichkeitsprinzip im Bereich der Schuldfähigkeitsentscheidung Raquel Montaner Fernández Die normative Selbstregulierung im Umweltstrafrecht Probleme aus Sicht des Gesetzlichkeitsprinzips IV. Blick über die Grenzen (des Nationalstaats und des materiellen Strafrechts) Matthias Jahn Rechtstheoretische Grundlagen des Gesetzesvorbehaltes im Strafprozessrecht Hans Kudlich Das Gesetzlichkeitsprinzip im deutschen Strafprozessrecht Jan C. Schuhr Der »Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen« im Recht der Europäischen Union Kenneth S. Gallant Gesetzlichkeit als Regel des Völkergewohnheitsrechts Das Verbot der Rückwirkung von Straftaten und Bestrafungen Juan Pablo Montiel Von der »schlechten Angewohnheit« Menschenrechte zu verletzen Analyse und Prognose des Gewohnheitsrechts als Quelle des Völkerstrafrechts Helmut Satzger Das Völkerstrafgesetzbuch zwischen Gesetzlichkeits- und Komplementaritätsprinzip V. Krise des Gesetzlichkeitsprinzips und Ansätze einer Neuausrichtung Enrique Bacigalupo Über die Gerechtigkeit und Rechtssicherheit im Strafrecht Eugenio C. Sarrabayrouse Gesetzlichkeitskrise, Gesetzgebungstheorie und das in dubio pro reo-Prinzip Lothar Kuhlen Aktuelle Probleme des Bestimmtheitsgrundsatzes Autorenverzeichnis