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Ein drückend heißer Sommer in Port-au-Prince. Inspektor Dieuswalwe Azémar hält sich für eine gescheiterte Existenz und sucht im Alkohol Zuflucht. Als das Leben seiner Tochter in Gefahr gerät, findet er jedoch seine Reflexe als Elitepolizist wieder. Ein weiteres Mal zieht der Dirty Harry von Port-au-Prince mit seiner Beretta und viel Zuckerrohrschnaps in den Krieg gegen Korruption und okkulte Machenschaften. Und was ist das für eine seltsame Verwandlung, die mit seinem ehemaligen Assistenten vor sich geht? Ein Voodoo-Krimi, wie ihn nur ein Haitianer schreiben kann: je unwirklicher, desto realistischer.
Ein drückend heißer Sommer in Haiti: Inspektor Azémar hält sich für eine gescheiterte Existenz. Da er sich mit der allgemeinen Korruption nicht abfinden kann, sucht er im Alkohol Trost. Als die Machenschaften einer obskuren Sekte das Leben seiner Tochter bedrohen, findet er jedoch seine Reflexe als Elitepolizist wieder. Bewaffnet mit seiner Berette und viel Zuckerrorschnaps zieht der Dirty Harry von Port-au-Prince in den Kampf gegen Verbrechen und okkulte Mächte. Was für eine Organisation verbirgt sich hinter der "Kirche vom Blut der Apostel"? Was bedeutet der seltsame Traum seiner Tochter? Und was hat das mit der erstaunlichen Verwandlung zu tun, die mit seinem ehemaligen Assisten vor sich geht? Platz 8 der Krimi-Bestenliste der ZEIT, Februar 2014
Auslieferung: Runge Verlagsauslieferung, Bergstraße 2, 33803 Steinhagen Tel: 05204 9980, E-Mail: schoening@rungeva.de
Autorentext
Gary Victor, geboren 1958 in Port-au-Prince, von Beruf ursprünglich Agronom, gehört zu den populärsten Gegenwartsautoren Haitis. Sein schonungsloser Blick auf die Gesellschaft macht ihn zum subversivsten Autor seines Landes, dessen Radio- und Fernsehbeiträge regelmäßig für Aufregung sorgen. In Deutschland machte er zuerst durch den Erzählband "Der Blutchor" auf sich aufmerksam. Inspektor Azémar ist in Haiti bereits eine Kultfigur.
Zusammenfassung
"Die grellen Farben der Verzweiflung, eine knochenmarkzerstörende Bitterkeit und das schrille Kichern des Deliriums sind die Zutaten, aus denen Gary Victor dieses 130-Seiten-Konzentrat großartiger Kriminalliteratur ausgekocht hat. Haiti überlebt!" (Tobias Gohlis, DIE ZEIT)
Leseprobe
Die Sonne schüttete ihm ihre drückende Hitze wie Bleiperlen mitten auf den Schädel und zielte dabei genau auf die kahle Stelle. Er glaubte zu hören, wie ein Feuerregen über der verbrannten Savanne niederging. Die Schwefeldämpfe zogen den Saft aus der Vegetation, die wie verkohlt wirkte. Seine dunklen Brillengläser schützten ihn kaum vor der Strahlung.Er hatte Lust auf einen Schluck tranpe, um den Durst zu lindern, der ihn umklammert hielt wie in einem Schraubstock. Die Flasche, die er aus der Tasche zog, war leer. Er musste einer Halluzination aufgesessen sein, er konnte unmöglich schon so viel getrunken haben. Es sei denn, er hatte jedes Zeitgefühl verloren, seit er seinen betagten Nissan, der nun das ehrwürdige Alter von 27 Jahren erreichte, am Rand der Landstraße geparkt hatte. Er warf die Flasche gegen einen Felsen; sie zerbrach, ohne dass das Klirren zu ihm drang. 'Ist es noch weit?', fragte er die Frau, die vor ihm ging. 'Es ist ganz nah', antwortete sie. Er wunderte sich über ihre Fähigkeit, sich an diesem verlassenen Ort ohne sichtbare Orientierungspunkte zurechtzufinden. Die Sonnenkörner fielen weiter hageldicht auf seinen Schädel. Er bekam nur schwer Luft, atmete wie ein Asthmatiker, was ihm noch nie passiert war. Das lag nicht am Alter oder an der Müdigkeit, es war dieser Ort, der sich dem Leben verweigerte. Gelegentlich stieg ihm der Geruch der Massengräber in die Nase, die von ausgehungerten Schweinen und Hunden freigelegt wurden. Er bat Gott, er möge sie schnell ankommen lassen, lange würde er nicht mehr durchhalten. In dieser Hitze konnte man ohnmächtig werden. Das hier war eine Abkürzung zur Hölle. Der unpassendste Ort zum Sterben, dachte er. 'Wir sind da', verkündete sie. Er erblickte die Hütte von fern im Hitzenebel und in den Schwefelausdünstungen. Sie stand inmitten von einer Art Geschwür aus Schlamm. Drei schmutzige, zerrissene Fahnen mit ausgewaschenen Farben, wie verkohlt von den Angriffen der Sonne, waren am Dach befestigt. Das Haus schien ein Feuer überstanden zu haben. Er wunderte sich, dass es bei dieser Hitze, die auf das Stroh und das Holz hinunterbrannte, nicht in Flammen aufging. Die Leute, die hier wohnten, mussten Mutanten sein, eine neue Art, die an die Lebensbedingungen an diesem Ort angepasst war. 'Wir sind alle Mutanten', dachte er. 'Wären wir Menschen, dann hätten wir dieses Leben nicht akzeptiert.' Sie legten die letzten Meter auf einem zweifelhaften Pfad zwischen Schlammpfützen zurück, die die Gluthitze ausgetrocknet hatte. Wenn es regnete, dann trat das Wasser an die Stelle des Feuers und verwandelte den Ort in einen üblen Brei, in dem sich die Verdammten dieses Inselviertels tummelten. 'Bist du sicher, dass du dich nicht irrst?' 'Es ist hier', beharrte sie. Ihr Gesicht war verschlossen. In ihren Augen leuchtete jene Energie, die der Umgang mit der Verzweiflung verleiht. Sie klopfte an die Tür. Er hätte gern eine andere Flasche tranpe gehabt. Es war der Alkohol, der ihn in diesem Land am Leben hielt. Wie lange würde er diese Hitze aushalten? Die Sonnentropfen fielen wie Hammerschläge auf seinen Schädel. Er kam sich vor wie ein Nagel, den eine unsichtbare Hand in den Boden zu schlagen versuchte. 'Was willst du?', fragte eine gehässige Stimme hinter der Tür. 'Ich bin wegen dem Kind zurückgekommen. Dem kleinen Mädchen. ' 'Hast du das Geld mitgebracht?' 'Ich will mit Marasa sprechen', sagte sie. 'Wer ist bei dir?' 'Mein Bruder', log die junge Frau. Man hörte, wie innen eine kurze Beratung abgehalten wurde, dann ging die Tür auf. 'Kommt rein', sagte die Stimme. Die junge Frau betrat die Hütte, ihr Begleiter folgte ihr. Es war so dunkel,dass die Neuankömmlinge den Hausherrn nur schwer ausmachen konnten. Der Mann nahm seine dunkle Brille ab, aber das Licht draußen war für die Sonnenfilter der Gläser zu stark gewesen. Er brauchte eine Weile, bis seine Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten. Der, der sie hereingeführt hatte, zeigte auf einen Mann, der ganz hinten im Raum saß. Dieser stand auf und kam auf sie zu. Er war mager wie eine Leiche, sicher von der Sonne mumifiziert. Seine Haut war wie Holzkohle. Das kalkige Weiß seiner Augen legte eine beunruhigende Aura um sein Gesicht. 'Papa Marasa, ich bin zurückgekommen wie vereinbart', sagte sie,indem sie sich zum Zeichen der Unterwerfung auf ein Knie niederließ. 'Hast du die 15 000 Gourde?', fragte Papa Marasa. Der Begleiter der jungen Frau bereute, dass er unmäßig tranpe getrunken hatte. Die Hitze vertrug sich nie gut mit dem Alkohol. In diesem Zustand nahe an der Trunkenheit ließ seine Sehkraft um eine Stufe nach. Aber woher hätte er wissen sollen, dass seine Augen trotz der Brille einem solchen Lichtansturm ausgesetzt sein und anschließend in dieses dunkle Universum eintauchen würden? 'Ich will das Kind wieder mitnehmen', flehte sie. 'Sie wird sterben', warnte Marasa trocken. 'Sie hat ihre Seele nicht mehr. Du kannst die Seele nur zurückkaufen.' 'Jedenfalls muss sie bezahlen', sagte mit quiekender Stimme jemand, den die Neuankömmlinge nicht bemerkt hatten. 'Das Mädchen war acht Tage hier. Jetzt kostet es das Doppelte!' 'Eine Frau!', wunderte sich der Mann, dessen Augen sich langsam an das Halbdunkel gewöhnten. Das einzige Zimmer war kreisförmig und etwa dreißig Quadratmeter groß; es war um einen Pfeiler herum gebaut, in den Gesichter und Symbole geschnitzt waren. Im Hintergrund standen große Tontöpfe. Ein Hocker, dessen Füße mit Tüchern umwickelt waren, thronte in der Mitte des Raumes. Ei…