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Wissenschaftliche Mitarbeiter bilden die größte Gruppe des wissenschaftlichen Personals an deutschen Universitäten. Ihre Tätigkeiten in Forschung und Lehre sind vielfältig. Sie empfinden eine starke Verbundenheit mit ihrem Fach und sind trotz ihrer unsicheren Arbeitssituation zufrieden: Sie arbeiten unter einem Sonderarbeitsgesetz, fühlen sich durch befristete Beschäftigung belastet und haben kaum Bindung zu ihrer Universität als Arbeitgeber. Freya Gassmann zeigt, wie sich diese unsicheren und widersprüchlichen Beschäftigungsbedingungen auf die Karriere und das Privatleben wissenschaftlicher Mitarbeiter auswirken.
Autorentext
Freya Gassmann ist Soziologin und wiss. Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Sportökonomie und Sportsoziologie der Universität des Saarlandes.
Leseprobe
1 Einleitung "An historischen und aktuellen Anlässen für eine Untersuchung des Systems der Nachwuchsförderung und Mittelbaubeschäftigung an bundesdeutschen Universitäten fehlt es nicht" so leitete Enders (1996) vor etwa zwanzig Jahren sein Buch "Die wissenschaftlichen Mitarbeiter" ein. Diese Eingangsworte lassen sich auf die heutige Zeit und die Situation der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchaus übertragen. Vor etwa einem Jahr im Frühjahr 2016 wurde die Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes erlassen. Die Politik wollte durch die Veränderungen im Gesetz etwas gegen den Trend der Kurzzeitverträge tun. Ursprünglich war das Wissenschaftszeitvertragsgesetz als Sonderarbeitsgesetz für wissenschaftliche Mitarbeiter erlassen worden, um befristete Beschäftigung zu regeln und um einem möglichst großen Kreis von Personen eine Promotion im Rahmen einer befristeten Anstellung an einer Universität und damit die Chance auf einen Einstieg in die Wissenschaft zu ermöglichen (Jongmanns 2011, S. 18). Etwa zeitlich parallel dazu stieg die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter in den letzten Jahren insgesamt, aber auch relativ zu den Professuren an Universitäten, an (vgl. Kapitel 3.4). Unterdessen wuchs, sowohl durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz sowie die Umstellung in der Hochschulfinanzierung durch zeitlich befristete Drittmittel der Anteil der befristeten Beschäftigten im Verhältnis zu den unbefristeten (Bloch & Burkhardt 2010, S. 22) und liegt aktuell bei etwa 90 Prozent (Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017, S. 126f). Dieser Anteil an unbefristeter Beschäftigung wird von zahlreichen Institutionen als zu hoch erachtet, um eine gesicherte Qualität in Studium und Lehre zu gewährleisten und verlässliche Karrierewege für wissenschaftliches Personal unterhalb der Professur zu ermöglichen (Hochschulrektorenkonferenz 2014; Deutsche Gesellschaft für Soziologie 2016, Gewerkschaften: GEW - Wittenberger Erklärung - 2016; DGB 2015; ver.di 2015) und als prekäre Beschäftigung umschrieben (Müller 2009; Kreckel 2012; journalistisch aufgegriffen u. a. in der Zeit: Groll 2015, taz: Lehmann 2014, FAZ: evah (Kürzel) 2015). Wissenschaftlichen Mitarbeitern sowie der Universität wird unterstellt, dass sie in einer bzw. mehreren Krisen stecken (Schimank & Stölting 2001, S. 7) . Der Weg in die Professur und damit in eine gesicherte Anstellung an einer Universität war historisch schon immer problematisch, wie die Ausführungen von Max Weber (2002 [1919]) und seinem Bruder Alfred Weber (1923) zeigen. Vor rund 100 Jahren im Rahmen einer wirtschaftlichen Krise in Deutschland war die Situation für den wissenschaftlichen Nachwuchs, worunter damals in der Regel habilitierte Privatdozenten fielen, überaus schwierig (vgl. Kapitel 2.5). Heute besteht keine wirtschaftliche Krise in Deutschland und auch ist es für wissenschaftliche Mitarbeiter nicht notwendig in den Semesterferien, wie damals üblich, im Straßenbau tätig zu sein, um sich und ihre Familien zu ernähren (Schreiber 1923, S. 41). Nichtsdestotrotz ist die Beschäftigung unsicher, Teilzeitstellen vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften sind die Regel und Karriereaussichten unklar (Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017, S. 135f). Die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter ist somit riskant, sie "ist eine Angelegenheit, die einfach Hazard ist" (M. Weber 2002 [1919], S. 477) und verlangt einen erheblichen persönlichen Einsatz. Eine der Fragen, die sich dabei stellt ist, warum dieses System, in dem wissenschaftliche Mitarbeiter unsicher angestellt sind und trotzdem viel zu leisten bereit sind, funktioniert. Erstaunlicherweise steigt die Anzahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter in Deutschland stetig an und das trotz der beschriebenen Bedingungen, so dass das Wissenschaftsministerium bei der Vorstellung des Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017 (Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017) zu dem Schluss kommt: "Wissenschaftliche Karrieren werden immer attraktiver" (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2017). Diese Arbeit widmet sich den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von wissenschaftlichen Mitarbeitern an Universitäten. Dafür soll zunächst die Universität untersucht werden, da diese die organisatorischen Prozesse der Beschäftigung bestimmt. Nach einem historischen Exkurs zur Geschichte der europäischen Universität (Kapitel 2) wird im dritten Kapitel die Universität unter heutigen Gesichtspunkten und unter anderem die aktuelle empirische Lage der Universität sowie die rechtlichen Bedingungen zur Beschäftigung von wissenschaftlichen Mitarbeitern. Diese Erkenntnisse bilden die Basis für eine organisationstheoretische Rahmung der Arbeit in Kapitel 4, welches zunächst mit der Frage eingeleitet wird, ob die Universität eine Institution oder eine Organisation ist. Danach wird beleuchtet, wie Entscheidungen getroffen werden, wie die Universität aufgebaut ist und wie sich dies auf die Arbeits- und Beschäftigungsbedingen von wissenschaftlichen Mitarbeitern auswirkt. Diese Überlegungen bilden die Basis zur Ableitung von Hypothesen zu den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Universität. In Kapitel 5 werden die bis dato erschienene Studien zu den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen dargestellt, die zum Teil wissenschaftlicher Natur sind und zum Teil aus Zusammenschlüssen von Mittelbauvertretungen, Personalräten oder Gewerkschaften entstanden sind. Darin wird das Fehlen aktueller wissenschaftlicher Studien zu den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen deutlich gemacht. Auf die Planung und Durchführung der Datenanalyse, den Rücklauf sowie die spezielle Situation zum Zeitpunkt der Befragung an der Universität des Saarlandes wird danach eingegangen. Das empirische Kapitel gliedert sich in einen ersten Teil, in dem explorativ, beschreibend die sozioökonomischen Eigenschaften der Mitarbeiter sowie die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen dargestellt werden. Danach werden die aus der organisationstheoretischen Rahmung abgeleiteten Hypothesen empirisch geprüft. Anschließend werden in vier eigenständigen Unterkapiteln, einzelne Bestandteile der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen herausgegriffen, um diese zunächst theoretisch und danach empirisch zu untersuchen. So wird der Antrieb der wissenschaftlichen Mitarbeiter in Kapitel 7.6 untersucht, um die Frage zu beantworten, aus welcher Motivation die wissenschaftlichen Mitarbeiter ihren Einsatz im Beruf ziehen. Kapitel 7.7 widmet sich dem Führungsverhalten der Vorgesetzten der wissenschaftlichen Mitarbeiter, da diese die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen erheblich beeinflussen können. In Kapitel 7.8 wird der Arbeitseifer der wissenschaftlichen Mitarbeiter, der zum Teil im Rahmen der Anstellung in der Wissenschaft sowie durch externe Faktoren gesellschaftlicher und organisatorischer Art bestimmt wird und mitunter das Ausmaß einer Arbeitssucht annehmen kann, theoretisch betrachtet und empirisch untersucht. Der aktuelle Bundesbericht zum wissenschaftlichen Nachwuchs schenkt der Vereinbarkeit von F…
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