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Mit der Veröffentlichung des neu überarbeiteten IFRS 3 im Januar 2008, wurde das mit dem FASB gemeinsam durchgeführte Business Combinations Projekt des IASB abgeschlossen. Hintergrund dessen waren immer höher ausgewiesene und undurchsichtige Goodwillpositionen in den Bilanzen großer Unternehmen, welche es Investoren unmöglich machten eine Investitionsentscheidung einzuschätzen. Mit der Schaffung des IFRS 3 wurde die Methode der Interessenzusammenführung untersagt, wodurch ein Unternehmenserwerb ausschließlich nach der Erwerbsmethode zu bilanzieren ist.
Der Vorgang der Aufteilung der Anschaffungskosten auf die zum Fair Value bewerteten Vermögenswerte, Schulden und Eventualverbindlichkeiten innerhalb dieser Erwerbsmethode wird hierbei als Kaufpreisallokation bezeichnet. Problematisch hierbei ist, dass besonders für immaterielle Werte der Kreis der ansetzbaren Werte sehr vielfältig und deren Bewertung sehr komplex ist. Daher verbleibt ein gewisser Ermessensspielraum der Unternehmen, wie und in welcher Höhe die Werte zu aktivieren sind und die Höhe des Goodwill bemessen wird.
In diesem Buch werden zunächst die Regelungen des IFRS 3 genauer betrachtet und theoretische Ansätze zur Kaufpreisallokation, deren Änderungsmöglichkeiten sowie Spielräume für eine bilanzpolitische Beeinflussung des aktivierten Vermögens vorgestellt. Eine empirische Analyse, welche Indizien für bilanzpolitische Gestaltungen durch einen Vergleich von provisorischen und endgültigen Kaufpreisallokationen börsennotierter Unternehmen darstellt, zeigt anschließend die Nutzung und mögliche Motivationsgründe in der Praxis.
Autorentext
Franziska Guhr, geboren 1984, studierte in Erfurt, Newcastle upon Tyne und München Wirtschaftswissenschaften, Volkswirtschaftslehre und Philosophie und beendete ihr Studium erfolgreich mit dem akademischen Grad Master of Arts. Während des Studiums arbeitete sie am Lehrstuhl für Wirtschaftsprüfung und Rechnungswesen und begleitete verschiedene Studien zur internationalen Rechnungslegung. Anschließend ergänzte sie ihr Wissen durch Tätigkeiten in der Wirtschaftsprüfung nach HGB, IFRS sowie US- GAAP und im Demand Chain- und Controllingbereich eines international tätigen Metallbaukonzerns. Seit 2010 führt Frau Guhr das Controlling einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und widmet sich hierbei sämtlichen Aspekten des Management Accounting.
Leseprobe
Textprobe:
Kapitel 3, Die provisorische Kaufpreisallokation (pPPA):
Wie bereits in Kapitel 2 dargestellt kann eine einmal veröffentlichte Kaufpreisallokation nur beim Vorliegen eines Fehlers, dem Eintritt einer bedingten Kaufpreiszahlung oder für den versäumten Erstansatz latenter Steuern geändert werden. Um die Kaufpreisallokation in weiteren Punkten auch nach deren erstmaliger Veröffentlichung anpassen zu können, bleibt einem Erwerber jedoch die Möglichkeit, die im Anhang des Jahresabschlusses veröffentlichte PPA als provisorisch bzw. vorläufig zu deklarieren. Dies eröffnet beim bekannt werden von wertaufhellenden Tatsachen Möglichkeiten für eine Änderung der PPA innerhalb eines Jahres nach dem Erwerbszeitpunkt.
3.1, Definition und Anwendungsbereich der pPPA:
Erfolgt der Erwerb eines Unternehmens kurz vor dem Bilanzstichtag ist eine zuverlässige Bewertung von den erworbenen Vermögenswerten und Schulden zum Fair Value aufgrund der zu kurzen Zeit und des langwierigen Allokationsprozesses eventuell nicht möglich. Auch können noch nicht alle benötigten Informationen über den Unternehmenszusammenschluss vorliegen oder Anschaffungskosten noch nicht endgültig bemessen sein. Da der Erwerb aufgrund des IFRS 3.1 trotzdem zum Erwerbszeitpunkt in der Rechnungslegung erfasst werden muss, eröffnet IFRS 3.61 f. hierbei die Möglichkeit, den Unternehmenserwerb im Rahmen einer provisorischen Kaufpreisallokation mit geschätzten Zeitwerten für Anschaffungskosten und Nettovermögen zu bilanzieren.
Im Anhang des Jahresabschlusses müssen dabei neben den regulären Informationen Angaben über den Grund des Ausweises von vorläufigen Zahlen erfolgen und die PPA ausdrücklich als provisorisch benannt werden (IFRS 3.69). Spätestens 12 Monate nach dem Erwerbszeitpunkt ist die vorläufige dann durch eine endgültige Kaufpreisallokation zu ersetzen:
Die für den Impairment wesentliche Verteilung des Goodwill auf die jeweiligen CGU, welche Synergieeffekte beinhalten, ist dabei spätestens bis zum Ende der auf den Erwerb folgenden Berichtsperiode durchzuführen (IAS 36.84). Somit kann die Allokation erst nach der Feststellung der endgültigen Werte erfolgen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist hierfür ebenfalls mit provisorischen Werten zu rechnen.
Ein Jahr nach dem Erwerbszeitpunkt sind die Arbeiten an der provisorischen PPA abzuschließen und eine endgültige Kaufpreisallokation festzustellen. Mit dem Ende des verlängerten Wertaufhellungszeitraums nimmt die Kaufpreisallokation den Status einer als endgültig oder ohne Attribut gekennzeichneten veröffentlichten PPA ein Änderungen sind wie bereits in Kapitel 2.5 erläutert nur noch aufgrund einer bedingter Kaufpreiszahlung (IFRS 3.33 f.), eines verspäteten Erstansatzes latenter Steuern (IFRS 3.65) und Fehlern i.S.d. IAS 8 (IFRS 3.63 f.) möglich. Eine Änderung bei Schätzfehlern ist erneut nicht erlaubt (IFRS 3.63).
3.2, Möglichkeiten der Änderung einer pPPA innerhalb eines Jahres nach dem Erwerbszeitpunkt:
Wurde eine Kaufpreisallokation als provisorisch oder vorläufig veröffentlich, kann sie, im Gegensatz zu einer als endgültig oder ohne Attribut veröffentlichten PPA, innerhalb der auf den Erwerbszeitpunkt folgenden 12 Monate angepasst werden (IFRS 3.62). Hierbei führen jedoch nicht jegliche neuen Informationen zu einer Änderung der PPA. Da der Unternehmenserwerb bereits am vorherigen Stichtag mit vorläufigen Werten bilanziert wurde, muss der Zeitraum zwischen der Veröffentlichung des Jahresabschlusses und des Tages, an dem der Erwerbszeitpunkt ein Jahr zurück liegt, vielmehr als eine Verlängerung des regulären Wertaufhellungszeitraums (WAZ) gesehen werden