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Bis heute gelten Menschenrechte nicht immer und überall. Ob eine Person Rechtsansprüche stellen kann, hängt auch davon ab, wo sie sich befindet. Britta Leisering untersucht Grenzkontrollen in der internationalen Zone des Pariser Flughafens und auf Hoher See. Ihr Buch behandelt das Ringen von Menschenrechtsorganisationen um Rechtsschutz für Flüchtlinge. Mithilfe von internationalen Gerichten und Kontrollgremien setzen sie sich für die extraterritoriale Geltung der Menschenrechte ein. So entwickelt sich das internationale Schutzsystem weiter, während Regierungen immer weniger selbst entscheiden können, wo und wem sie Rechte garantieren.
»Leisering gelingt es in ihrer Studie, plastisch zu machen, was es bedeutet, wenn Menschenrechte aus Unrechtserfahrungen entstehen; erst die Skandalisierung von Praxen unter Berufung auf das Recht gibt diesem Form, nur seine Mobilisierung kann es stabilisieren. Gleichzeitig ist ihre Arbeit eine Intervention in die aktuell auch in Deutschland erstarkenden Debatten um strategische Prozessführung, deren Risiken und Nebenwirkungen einmal mehr deutlich werden.« Nora Markard, ZAR - Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, 01.02.2018
Autorentext
Britta Leisering, Dr. phil., ist wiss. Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin.
Klappentext
Bis heute gelten Menschenrechte nicht immer und überall. Ob eine Person Rechtsansprüche stellen kann, hängt auch davon ab, wo sie sich befindet. Britta Leisering untersucht Grenzkontrollen in der internationalen Zone des Pariser Flughafens und auf Hoher See. Ihr Buch behandelt das Ringen von Menschenrechtsorganisationen um Rechtsschutz für Flüchtlinge. Mithilfe von internationalen Gerichten und Kontrollgremien setzen sie sich für die extraterritoriale Geltung der Menschenrechte ein. So entwickelt sich das internationale Schutzsystem weiter, während Regierungen immer weniger selbst entscheiden können, wo und wem sie Rechte garantieren.
Leseprobe
Einführung
Vielen von uns erscheint es selbstverständlich, dass die Menschenrechte für jeden Menschen und überall gelten. Doch dem ist wider Erwarten nicht so: Um irreguläre Einreisen zu verhindern, werden Einwanderungskontrollen in Europa heute oft außerhalb des eigenen Staatsgebietes durchgeführt. Dabei ist umstritten, welche Schutzstandards dort einzuhalten sind. Denn die Menschenrechte als Rechtsnormen in internationalen Verträgen gelten im Hoheitsbereich der Staaten ("within their jurisdiction") und dies wird traditionell als Geltung im eigenen Territorium interpretiert. Wie steht es daher um die Rechte von Flüchtlingen und Migranten, die an den europäischen Außengrenzen - auf Hoher See oder in Transitzonen - abgefangen und kontrolliert werden?
Dieser Frage geht das Buch nach, wenn es sich mit den rechtlichen Geltungsgrenzen der Menschenrechte befasst. Nicht wenige Regierungen sind derzeit davon überzeugt, dass sie jenseits ihres Staatsgebietes nicht zum Menschenrechtsschutz verpflichtet sind - davon zeugt nicht zuletzt der US-amerikanische Umgang mit Terrorismusverdächtigten in Guantánamo Bay. In Europa wird dieses Argument vor allem in der Migrationspolitik vorgebracht. Regierungen berufen sich auf diese Interpretation, um sich auf extraterritorialem Gebiet den politischen Umgang mit Ausländern zu erleichtern, deren dauerhaften Aufenthalt sie im Land nicht wünschen.
Das Buch analysiert dieses Phänomen und bringt es mit folgenden Überlegungen in Verbindung: Einerseits schlägt es eine Genealogie extraterritorialer Migrationskontrollen vor, indem es sie als eine Folge der Stärkung des Rechtsstatus von Ausländern innerhalb des Staatsgebietes beschreibt. Diese Entwicklung begann in den 1970er Jahren und hält bis heute an. Sie wird im Tandem durch zivilgesellschaftliche Organisationen (NGOs), die sich für die Rechte von Ausländern einsetzen, sowie durch hohe nationale Gerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erreicht. Dadurch verengen sich die staatlichen Handlungsspielräume maßgeblich und es fällt Regierungen zunehmend schwer, ausländische Personen auszuweisen oder ihre Rechte einzuschränken. Um Zuwanderung frühzeitig zu verhindern, verlagern sie daher Einreisekontrollen in extraterritoriale Gebiete; dort können sie der Wirkmacht der Menschenrechte ausweichen und unabhängiger von juristischer Kontrolle agieren. Das Buch zeigt andererseits auch, welche Gegenreaktionen auf diese Praktiken festzustellen sind: Dieselben Akteure, die sich für die Rechte von Ausländern im Staatsgebiet einsetzen, etablieren sich als Gegenspieler der restriktiven Einwanderungspolitik. Sie setzen sich für die extraterritoriale Geltung der Menschenrechte überall dort ein, wo politische Hoheitsgewalt ausgeübt wird - auch auf Hoher See. In der Analyse zeigt sich, wie internationale Gerichte und menschenrechtliche Kontrollgremien das Prinzip immer häufiger anwenden und diese neue Rechtsinterpretation durch rechtswissenschaftliche Experten und NGOs weitergetragen wird. Durch ihr Engagement wirken sie darauf hin, dass aktuell noch bestehende räumliche Geltungsgrenzen der Menschenrechte allmählich aufgehoben werden.
Das Buch zeichnet diese Entwicklungen in Westeuropa in den letzten 40 Jahren nach. Untersucht wird, wie um Schutzstandards für Flüchtlinge gerungen wird - zunächst um eine Ausweitung des Rechtsschutzes inner-halb des Staatsgebietes, dann für die Geltung der Menschenrechte auch auf extraterritorialem Gebiet. Ausgangspunkt dieser Entwicklungen ist die historische Kopplung der Menschenrechte an den Nationalstaat.
Zur Ausgangssituation: Die Kopplung der Menschenrechte an den Nationalstaat
Das Prinzip der Menschenrechte besteht darin, dass jedem Menschen überall auf der Welt Rechte zukommen. Doch als Rechtsnormen verankert, wurden sie derart stark auf die Nationalstaatlichkeit bezogen, dass sie in zweifacher Weise in ihrer Anwendung begrenzt wurden.
Erstens waren die Menschenrechte lange Zeit in personeller Hinsicht begrenzt. Seit dem 18. Jahrhundert sind die Menschenrechte in den nationalen Verfassungen als Grundrechte verankert. Als Staatsbürgerrechte waren sie für die Mitglieder der ethnischen, sprachlichen und kulturellen Gemeinschaft gedacht und sollten die Bürger vor Übergriffen der eigenen Regierung schützen. Ausländern blieb dieser Schutz verwehrt. Zwar enthalten die Grundrechte einen Katalog basaler Rechte, der auch für Ausländer gilt (sogenannte "Jedermannsrechte"), doch wirkte sich das in der Rechtspraxis lange Zeit nicht aus: Weder bezogen sich ausländische Personen darauf, noch wurden sie durch Dritte darin unterstützt oder dazu angehalten. Überraschenderweise galt dies bis in die 1970er Jahre genauso für die internationalen Menschenrechte. Sie galten zwar zweifelsohne in ihrer Gesamtheit für jeden Menschen, boten also einen möglichen Referenzrahmen für Flüchtlinge und Migranten in fremden Staaten, doch belegen neuere historische Studien, dass ihnen in der Nachkriegszeit wenig Bedeutung zugemessen wurde. Sie wirkten sich also kaum auf individuelle Rechtsansprüche aus, weder auf juristischer Ebene noch im politischen Diskurs. Somit hatten sie zunächst keinen Einfluss auf die westeuropäische Ausländerpolitik. Das heißt, Länder wie Deutschland und Frankreich begrüßten seit den 1950er Jahren die Einreise von Gastarbeitern, doch deren Aufenthaltsstatus und die ihnen zugemessenen Leistungen lagen im alleinigen Ermessen staatlicher Behörden.
Zweitens sind die Menschenrechte durch ihre Kopplung an den Natio-nalstaat auch in räumlicher Hinsicht begrenzt. Es gibt bis heute keine Rechte und Grundfreiheiten, die geografisch ungebunden gelten. Auch hierfür ist die Bindung von Politik und Recht an den Nationalstaat verantwortlich. Denn staatlich gesetztes modernes Recht gilt traditionell im eigenen Staatsgebiet als exklusiver Ort souveräner Machtausübung. Nur dort darf ein Staat auf Basis demokratisc…
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