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Der Angriff der "Koalition der Willigen" auf den Irak im Jahr 2003 warf einmal mehr die Frage nach der Legitimität des Krieges als Mittel der Politik auf. Andreas Göttlich untersucht die Debatte aus wissenssoziologischer Sicht und deutet dabei den Dissens in der moralischen Beurteilung des Dritten Golfkriegs als Ausdruck der pluralistischen Verfasstheit der modernen Gesellschaft.
Der Angriff der "Koalition der Willigen" auf den Irak im Jahr 2003 warf einmal mehr die Frage nach der Legitimität des Krieges als Mittel der Politik auf. Andreas Göttlich untersucht die Debatte aus wissenssoziologischer Sicht und deutet dabei den Dissens in der moralischen Beurteilung des Dritten Golfkriegs als Ausdruck der pluralistischen Verfasstheit der modernen Gesellschaft.
Autorentext
Andreas Göttlich, Dr. rer. soc., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fach Soziologie der Universität Konstanz.
Leseprobe
Am 20. März 2003 begann mit dem Angriff alliierter Truppen auf den Irak der Dritte Golfkrieg - ein Ereignis von geopolitischer Bedeutung, dessen Nachwirkungen bis zum heutigen Tag andauern. Der militärische Konflikt war Folge einer politischen Auseinandersetzung, die sich an der vermuteten Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak entzündet hatte, mit denen der dortige Machthaber Saddam Hussein seine Nachbarstaaten hätte bedrohen können. War diese Angelegenheit über mehrere Jahre Gegenstand zahlreicher Debatten im UN-Sicherheitsrat, so ging die Initiative zu einem militärischen Vorgehen gegen den Irak von der damaligen US-Regierung unter Präsident George W. Bush aus, die von einer Gefährdung der eigenen Nation beziehungsweise des Westens im Gesamten ausging, insofern nachrichtendienstliche Informationen angeblich auf eine Verbindung hinwiesen zwischen der Hussein-Regierung und islamistischen Terrorgruppen, die in den Jahren zuvor verschiedentlich US-amerikanische Ziele attackiert hatten. Der Krieg endete nach nur wenigen Wochen mit einer Niederlage des Irak, Saddam Hussein wurde gestürzt und an seiner Stelle eine Übergangsregierung installiert. Diese wurde zu Beginn des Jahres 2005 von einer vom irakischen Volk gewählten Regierung abgelöst, später im gleichen Jahr erhielt das Land eine demokratische Verfassung. Die Besatzung gilt seit Juni 2004 offiziell als beendet; die letzten US-Kampftruppen verließen indes erst Ende des Jahres 2012 den Irak. Aufgrund seiner Bedeutung bleibt der Dritte Golfkrieg auch Jahre nach seiner Beendigung Gegenstand öffentlicher Debatten, vor allen Dingen im Bereich der Politik. In der jüngeren Vergangenheit boten etwa der US-amerikanische Präsidentschaftswahlkampf (2008) oder der deutsche Bundestagswahlkampf (2009) Anlässe zur Thematisierung seiner Folgen. Doch auch in der wissenschaftlichen Diskussion war und ist der Irak-Krieg Gegenstand zahlreicher Untersuchungen, fächerübergreifend über verschiedene Disziplinen hinweg. Dementsprechend facettenreich gestaltet sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema, zu der die vorliegende Studie ihren Beitrag leisten möchte. Angesichts dieser bereits bestehenden Forschungsarbeiten mag der Leser fragen: Weshalb eine weitere Untersuchung des Dritten Golfkrieges? Die Antwort liegt im spezifischen Erkenntnisinteresse, das mit einem bestimmten Erklärungsansatz verknüpft ist. Die Studie beschäftigt sich nicht mit dem Krieg als solchem, sondern mit dem im Westen geführten Diskurs über den Militäreinsatz, und sie greift hierbei ein einzelnes Moment heraus: die Frage nach der moralischen Legitimität. Die entsprechende Debatte fand in den Wochen und Monaten vor Kriegsbeginn beziehungsweise in der Zeit kurz danach ihren Höhepunkt und bleibt bis heute unentschieden. Zwischen den westlichen Nationen, aber auch innerhalb derselben besteht nach wie vor kein Konsens über die Frage, ob der Angriff auf den Irak moralisch gerechtfertigt war oder nicht. Dies ist insofern bemerkenswert, als sich "der Westen" vor allem anderen als eine Wertegemeinschaft versteht, insofern er also seine Zusammengehörigkeit von einer geteilten Menge von Wertvorstellungen herleitet. Wie ist es angesichts dessen zu erklären, dass innerhalb der sogenannten "westlichen Wertegemeinschaft" ein und dasselbe Ereignis mit Bezug auf seine moralische Dimension diametral entgegengesetzt beurteilt wurde? Das Forschungsziel besteht darin, eine Erklärung für den anhaltenden Widerspruch zwischen Befürwortern und Gegnern des Irak-Krieges zu finden. Hierbei setzt sich die Studie in zweierlei Hinsicht von der Mehrzahl der bestehenden Arbeiten ab: Sie intendiert erstens keine eigene Antwort auf die Frage, ob der militärische Einsatz im Irak moralisch legitim war oder nicht, sondern sie will die Antworten, die in der politischen Realität gegeben wurden, deskriptiv erfassen sowie wissenschaftlich erklären. Im Hinblick auf letzteren Anspruch ist die Grundannahme forschungsleitend, dass der Gegensatz zwischen den kontroversen Beurteilungen auf soziale Faktoren zurückzuführen ist, welche zwischen Kriegsgegnern und -befürwortern differieren und die Urteilsfindung maßgeblich beeinflussten. Somit nimmt die Arbeit zweitens einen spezifisch wissenssoziologischen Blickwinkel ein, indem sie die im Zuge der Legitimationsdebatte angeführten Argumentationen und Sichtweisen in Abhängigkeit vom sozialen Standort ihrer Träger untersucht. Hiermit verbindet sich die zusätzliche Annahme, dass moralische Urteile in der sozialen Praxis stets mit nichtmoralischen Momenten verknüpft sind und nur in dieser Verflochtenheit angemessen erklärt werden können. In der Kombination setzen der ausdrückliche Verzicht auf eine wertende Stellungnahme sowie der wissenssoziologische Erklärungsansatz die vorliegende Studie vom Mainstream der vorhandenen Literatur zum Thema ab.
Inhalt
Inhalt Dank 9 Einleitung 11 1. Forschungsdesign 15 1.1 Das empirische Feld 15 1.1.1 Die Irak-Debatte und ihr Gegenstand 15 1.1.2 Forschungsinteresse und Feldzuschnitt 18 1.1.3 Öffentlichkeit und moralische Selbstinszenierung 22 1.2 Erklärungsansatz 25 1.2.1 Erklärungsvarianten 26 1.2.2 Der wissenssoziologische Erklärungsansatz 31 1.3 Forschungsstand 34 1.3.1 Ideologiekritische Ansätze 35 1.3.2 Irrtumsunterstellungen 37 1.3.3 Exkurs: Die These vom westlichen Wertekonsens 39 1.3.4 Die Annahme eines Wertedissenses 41 1.3.5 Forschungsbedarf 44 1.4 Theoretische Rahmung 45 1.4.1 Realismus und Konstruktivismus 46 1.4.2 Kollektive Sinnzuschreibungen 50 1.4.3 Moralisches Urteil und Kognition 53 1.5 Struktur und Beschaffenheit des Datenmaterials 58 1.6 Methodik 63 1.7 Aufbau der Studie 70 2. Relevanzanalysen 73 2.1 Die Relevanztheorie von Schütz und Luckmann 75 2.2 Relevanzanalyse US-Regierung 81 2.2.1 Thematische Relevanzen 83 2.2.2 Auslegungsrelevanzen 84 2.2.3 Motivationsrelevanzen 94 2.2.4 Zusammenführung 98 2.3 Relevanzanalyse Britische Regierung 100 2.3.1 Thematische Relevanzen 101 2.3.2 Auslegungsrelevanzen 101 2.3.3 Motivationsrelevanzen 110 2.3.4 Zusammenführung 113 2.4 Relevanzanalyse Katholische Kirche 114 2.4.1 Thematische Relevanzen 115 2.4.2 Auslegungsrelevanzen 116 2.4.3 Motivationsrelevanzen 124 2.4.4 Zusammenführung 128 2.5 Relevanzanalyse Evangelische Kirche 129 2.5.1 Thematische Relevanzen 130 2.5.2 Auslegungsrelevanzen 130 2.5.3 Motivationsrelevanzen 141 2.5.4 Zusammenführung 142 2.6 Kontrastierung der Relevanzstrukturen 143 2.6.1 Allgemeine Rahmung des Auslegungsprozesses 144 2.6.2 Thematische Relevanzen 146 2.6.3 Auslegungsrelevanzen 146 2.6.4 Motivationsrelevanzen 156 2.6.5 Das moralische Urteil 158 2.7 Resümee 160 2.7.1 Zwischenbetrachtung 160 2.7.2 Fazit und Ausblick 163 3. Hermeneutische Analysen 167 3.1 Argumentationsstrategien der US-Regierung 169 3.1.1 Kritik der theoretischen Kritik 169 3.1.2 Die Fügung in den Weltenlauf 176 3.1.3 Die Adressierung zweier Publika 180 3.1.4 Fazit 184 3.2 Argumentationsstrategien der Britischen Regierung 185 3.2.1 Kairos 185 3.2.2 Die Vermessung der Moral 189 3.2.3 Das Scheitern der Perspektivenübe…